© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/24 / 16. Februar 2024

Kicken wie einst auf der Straße
Die Baller League will dem Fußball wieder mehr Authentizität verleihen und gleichzeitig junge Internetnutzer anziehen
Christian Schreiber

Der organisierte Fußball ist seit wenigen Wochen um eine Variante reicher, und diese verspricht nicht weniger, als den Kampf ums runde Leder zurück zur Basis zu holen. Seit Anfang des Jahres wird in der sogenannten Baller League gespielt, und die Präsidenten sind durchaus prominent. Einer der beiden ist der frühere Nationalspieler Lukas Podolski, der andere ist mit Mats Hummels ein noch aktiver Fußballprofi. 

„Wir möchten unsere Liga nachhaltig etablieren und auf und neben dem Platz die Liga für die ‘Baller’ und ‘Straßenfußballer’ sein. Mit unserem ganzheitlichen Ansatz sehen wir uns als First Mover in Deutschland und möchten eine Liga, eine Marke, ein Movement kreieren“, äußerte sich Hummels zum Ligastart. Gezockt wird an elf Spieltagen auf einem Kleinfeld. Montags treten in der „Motorworld“ in Köln zwölf Teams, bestehend aus jeweils zwölf Spielern, im Sechs-gegen-Sechs gegeneinander an. Die Besonderheit ist, daß jede Mannschaft eine bekannte Sport-Persönlichkeit als Manager hat. 

Der Meister wird anschließend in einem „Final Four Finale“ ausgespielt, welches Ende März stattfindet. „Wir müssen es wieder schaffen, die Kinder für den Fußball zu begeistern. Das versuchen wir über eine kürzere Spieldauer, ein kleineres Feld und mehr Unvorhersehbarkeit. Zudem können wir unsere Spieltage kostenfrei für die Fans übertragen“, erklärte Ex-Nationalspieler Podolski zu den Zielen der Liga. Neben den beiden Fußballstars sind Felix Starck, Mitbegründer der Produktionsfirma Koryphäen Film, und Thomas de Buhr, zuletzt Deutschlandchef beim Bezahl-Sender DAZN, die Protagonisten des neuen Projekts.

Kooperation mit Profis, Youtubern und E-Sport-Vereinen

Denn ein Hauptaugenmerk bei der Vermarktung liegt auf dem Streaming. Die Liga wird auf den einschlägigen Plattformen wie Twitch, Tiktok oder Youtube übertragen und soll dadurch schnell bekannt gemacht werden. Und wenig überraschend gibt es daher auch Überschneidungen mit dem sogenannten E-Sport, der seit einiger Zeit gerade bei einer jüngeren Zielgruppe für Furore sorgt. 

Daß der deutsche E-Sport-Verein Eintracht Spandau pünktlich zum Start der Baller League die Gründung einer eigenen „realen“ Fußball-Abteilung und die Teilnahme an der neu gegründeten Liga bekanntgab, darf durchaus als Coup gewertet werden. Präsident der Eintracht ist der bekannte Youtuber Maximilian Knabe, in der Branche besser bekannt als „Handofblood“. Als Manager für das neue Baller-League-Team hat er den früheren Bundesliga-Profi Hans Sarpei verpflichtet, einen veritablen Paradiesvogel mit hohen Sympathiewerten und TV-Erfahrung. 

Der nimmt das neue Projekt durchaus ernst, schränkt aber auch ein: „Wir haben einen Spieler, der aktuell noch aktiv in der Regionalliga spielt. Es gibt auch Spieler, die mal im Profibereich gespielt haben. Ich persönlich würde aber nicht darauf gucken, ob jemand in der Verbands- oder Regionalliga spielt. Früher, wenn man auf der Straße gekickt hat, war das ja auch egal, ob jemand ein bißchen höher gespielt hat.“ 

Als problematisch dürfte sich erweisen, daß die Mannschaften mehr oder weniger zusammengewürfelt sind. Sarpei erzählt, daß er aus einem Pool von 150 Spielern auswählen konnte. Einige habe er gekannt. Sie wohnen allerdings in der Republik verstreut. Regelmäßiges Training sei daher so gut wie unmöglich. Auch daher dürfte der sportliche Wert der Liga eher gering sein. „So war Straßenfußball aber schon immer: Man pickt sich ein paar Spieler ,und dann kommen geile Sachen dabei raus“, sagt Sarpei im RBB-Interview. 

Die Teams sind übrigens nicht auf ein Geschlecht festgelegt. In der Mannschaft Street United von Lukas Podolski steht die Schweizer Nationalspielerin Alisha Lehmann auf dem Feld, die in England bei Aston Villa einen lukrativen Profivertrag besitzt. Das Team Las Ligas Ladies wird von zwei Frauen betreut, auf dem Platz stehen aber nur Männer. Mit Kevin Prince Boateng und Max Kruse sind weitere schillernde Fußball-Figuren als Manager aktiv, die für den „alten“ Fußball stehen sollen. 

Allerdings: Geld soll das neue Format dann bitte doch einspielen. Streaming-Star MontanaBlack hat sein Team Gönrgy Allstars gleich mal nach seinem eigenen Energy-Drink benannt.