Theologin kritisiert infantile und banale Predigten
ORANIENBURG. Scharfe Kritik an infantilen und banalen Predigten in der evangelischen Kirche hat die promovierte Theologin Katarina Kristinova (Oranienburg bei Berlin) im Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt geübt. Sie beobachtet eine „trivialisierte Verflachung der christlichen Botschaft“ in der Verkündigung. Dazu gehöre der Versuch, neue Sprachbilder zu kreieren. Dazu heißt es: „Während der politische Jargon durchtränkt ist von ‘Doppelwummsen’ und ähnlichem Unrat, spricht man in den Konfirmationspredigten von Gott als einem netten Typen, den nix umhaut, egal was man auch ausgefressen hat, oder von Gottes Supermarkt, in dem man alle Zutaten für seine Basissuppe bekommen kann und dergleichen.“ Nach den Worten der Theologin zieht „die unreflektierte Produktion solch schwachsinniger Metaphern die Substanz des christlichen Glaubens geradezu ins Lächerliche und läßt an der theologischen Zurechnungsfähigkeit von deren Schöpfern stark zweifeln. Kein Wunder, daß angesichts dieser frommen Geschwätzoffensive Gott im Bewußtsein der postmodernen Gesellschaft zu einer Witzfigur degeneriert und aktuell auf der Bedeutungsskala irgendwo zwischen Weihnachtsmann und Osterhasen rangiert.“ Kristinova zufolge gibt es etwa Predigten, die irgendwo auf dem halben Weg zwischen Exegese und Moral stehenblieben. Andere Prediger wechselten gleich die Fronten und konzentrierten sich unter dem Vorwand der gesellschaftlichen Relevanz ganz auf Geschichte oder Politik. In alledem werde der Predigttext als „notwendiges Übel“ halbherzig hingenommen und „gewaltsam passend gemacht“. Als besonders befremdlich empfindet es die Autorin, wenn versucht werde, weitgehend auf Sprache und Inhalte zu verzichten und stattdessen auf Performanz und Form zu setzen. Dieser Wechsel zur Eventisierung der Religion geschehe unter der Parole der sogenannten Ganzheitlichkeit. „Doch solange solche performativen Aktivitäten nicht von einer gründlichen und kritischen theologischen Reflexion begleitet werden, verflachen sie zum infantilen Spiel mit der Beliebigkeit.“ Kristinova warnt davor, Trostsuchende etwa mit „dogmatisch-frommem Kauderwelsch“ oder „Poesiealbumsprüchen“ abzuspeisen. Gründe für die „inhaltliche Dürftigkeit der heutigen Predigtkultur“ sieht die Autorin auch in der Theologenausbildung: „Die Schwäche des eigenen theologischen Denkens fällt nicht auf, solange es bei den Examina ausschließlich um Wiedergabe des fremden Denkens geht, welches man sich unter Umständen auch ohne Denken aneignen kann.“ Kristinova studierte Theologie in Bratislava und Berlin. Von 2008 bis 2023 war sie Religionslehrerin in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Zur Zeit ist sie Dozentin und pädagogische Begleiterin in mehreren Bildungseinrichtungen. (idea/JF)
Medienforscher warnt vor Künstlicher Intelligenz
OSNABRÜCK. Der Medienforscher Stephan Russ-Mohl (73) hat angesichts des Vormarsches von Künstlicher Intelligenz vor einer Welt gewarnt, „in der kein Mensch mehr irgendetwas glaubt“. Die Täuschungsmöglichkeiten seien „schon jetzt unendlich und schwindelerregend“, sagte der Wissenschaftler und Publizist vorigen Samstag in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Es werde deswegen „von fundamentaler Bedeutung sein, das Bewußtsein für die Gefahr der Manipulation zu schaffen, aber zugleich das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von Informationen zu bewahren“, sagte Russ-Mohl und betonte: „Journalisten und Medien kommt hier eine wichtige Aufklärungs-Aufgabe über den Medienbetrieb zu.“ Schon jetzt ließen sich in Social Media Kunstfiguren erzeugen, bei denen der Nutzer nicht wissen könne, ob er „mit einem KI-Kumpel oder mit einem echten Menschen“ kommuniziere, so der Wissenschaftler. „Und natürlich kennen Facebook, TikTok und Co. unsere Verführbarkeit und nutzen sie scham- und gnadenlos aus.“ (JF)