Während Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit orwellschem Furor letzte Hand anlegt, um jede Erinnerung an Geschichte und Kultur der preußisch-deutschen Provinzen zwischen Oder und Memel aus dem kollektiven Gedächtnis zu tilgen (JF 17/24), fließen Millionen Steuergelder in die Provenienzforschung. Dabei geht es darum, in Sammlungen deutscher Museen, Archive und Bibliotheken nach Objekten „aus kritischen Erwerbskontexten“ zu fahnden und dieses „Raubgut“ an frühere Eigentümer zurückzuerstatten. Der Schwerpunkt des Unternehmens hat sich dabei von der Rückgabe von Vermögensobjekten aus jüdischem Besitz, der ab 1933 enteignet wurde, auf Gegenstände verlagert, die während der kurzen wilhelminischen Kolonialzeit in deutsche Museen gelangt sind. Welche kafkaesken Blüten diese Aktion treibt, die allein dazu dient, eine „Kolonialschuld“ ins nationale Gedächtnis einzupflanzen, veranschaulicht ein Beitrag von Bernhard Wörrle, der im Deutschen Museum (DM) in München die dort 2020 eingerichtete Arbeitsgemeinschaft Provenienzforschung leitet (Kultur & Technik, 4/2023). Gelohnt hat sich der Aufwand bislang nicht, da die DM-Magazine kein „Beutegut aus Kolonialkriegen“ bergen. Trotzdem bestehe Aussicht, „koloniale Belastung“ nachzuweisen, denn zahllose technische Geräte weisen „verbaute Kolonialrohstoffe“ auf. Deren Gehäuse sind zumeist aus Tropenholz. Genauso häufig treffe man auf „koloniale Rohstoffe“ wie Kautschuk und Guttapercha, die für Dichtungen und Isolierungen Verwendung fanden. Leider komme hier die Rückerstattung quantitativ und methodisch an ihre Grenzen.