© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/24 / 03. Mai 2024

Der Iran im Zentrum einer Achse des Widerstands
Fatale Weichenstellungen
(dg)

Tief in der Vergangenheit meint der Schweizerische Historiker Toby Matthiesen (Universität Bristol) die aktuellen Frontverläufe in Nahost zu begründen (Blätter für deutsche und internationale Politik, 3-2024). Denn die ethnisch-konfessionellen Spannungen, die die Region seit Jahrzehnten prägen, wurden durch westliche Kolonialmächte verursacht, denen das Erbe des im Ersten Weltkrieg zerschlagenen Osmanischen Reiches zufiel. Daß religiöse Identitäten bei der Neuorganisation der Region politisch relevant wurden, führte zur krassen Benachteiligung der Schiiten. In ihren Mandatsgebieten etablierten die Briten sunnitisch geführte Verwaltungen, ebenso verfuhren die Franzosen im Libanon und in Syrien. Die nach 2001 als „Krieg gegen den Terror“ inszenierten US-Interventionen stünden in der Kontinuität dieser fatalen Politik. Daß die USA den Iran der „Achse des Bösen“ zuschlugen, sei ein schwerer Fehler gewesen. Denn aus Angst, nächstes Ziel eines von Washington forcierten „Regimewechsels“ zu werden, hätten der Iran und Syrien jene Bündnisse mit Kämpfern im Libanon, im Irak und in den Palästinensergebieten geknüpft, die das Teheraner Mullah-Regime zum Lenker einer „Achse des Widerstands“ gegen die israelisch-amerikanische Hegemonie aufrücken ließ, die „nach Gaza“ panislamische Kontur gewinne. 


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