© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/24 / 21. Juni 2024

Ländersache: Brandenburg
Dank AfD im Amt geblieben?
Peter Freitag

Wenn das die Wirkung der sprichwörtlichen „Brandmauer“ ist, dann wäre es eine fatale. Der Oberbürgermeister von Potsdam, Mike Schubert (SPD), ist nach Meinung der Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung von Brandenburgs Landeshauptstadt nicht mehr tragbar. Gegen den Chef im Rathaus ermittelt die Staatsanwaltschaft, es geht um den Vorwurf der Vorteilsnahme, beispielsweise um kostenlose VIP-Eintrittskarten für Sportveranstaltungen … 

Kommende Woche wollten die Stadtverordneten daher über einen Abwahlantrag entscheiden, den eine Reihe von ihnen parteiübergreifend bereits unterzeichnet hatten. Doch nun machten mehrere einen Rückzieher. Der Grund: Es waren auch AfD-Verordnete darunter. Mit ihnen will man jedoch nicht gemeinsam die Abwahl des affärenbelasteten OB betreiben. „Sich Mehrheiten über die Stimmen der AfD zu verschaffen, ist falsch“, zitierte die Bild-Zeitung SPD-Chefin Alma Kleen. Auch die Grünen nannten „die Beteiligung der AfD eine nicht hinnehmbare Belastung“. Zudem zog die FDP ihre Unterstützung für den Antrag zurück. 

Sie alle sehen sich getäuscht vom Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Pete Heuer, der wie Rathaus-Chef Schubert SPD-Mitglied, vor allem jedoch Lokalmedien zufolge dessen persönlicher Intimfeind ist. Heuer habe die Unterstützung der AfD billigend in Kauf genommen, dies aber den anderen Kommunalpolitikern, die sich für die Abwahl positioniert hatten, verheimlicht. „Schubert hätte die Abwahl politisch verdient“, empörte sich FDP-Fraktionschef Björn Teuteberg laut Bild-Zeitung. „Aber Heuer hat ihm das mit seinem Täuschungsmanöver vorerst erspart.“

Der so Gescholtene wies gegenüber den Potsdamer Neuesten Nachrichten die Vorwürfe zurück. Er habe „in dem Verfahren weder getrickst noch gegen die bestehenden Regeln und Vorschriften verstoßen“. Die Abwahl Schuberts indes ist erst einmal von der Tagesordnung genommen. Sollten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in eine Anklage münden, könnte ein entsprechender Abwahlantrag möglicherweise noch einmal eingebracht werden. Fürs erste finden die Ratsherren und -frauen offenbar ein Stadtoberhaupt mit möglichem Korruptionshintergrund weniger anstößig als eine Mehrheitsentscheidung mit Hilfe der AfD.

Dabei hatte deren Fraktion vor kurzem erst einen Erfolg gegen OB Schubert und die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung erzielt. Dort hatte man nämlich beschlossen, den Betreibern des linken Potsdamer Jugendzentrums „FreiLand“, wo gern schon mal vor Anti-G20-Gipfel-Demos Kampfsporttrainings für die Szene stattfanden, ein 10.000 Quadratmeter großes Filetgrundstück im Schätzwert von fast fünf Millionen Euro mittels Erbpacht bis 2088 nahezu gratis zu überlassen. Bislang war das stadteigene Gelände jährlich verpachtet worden. Die AfD sah in dem Deal einen skandalöses Päppeln linksextremer Strukturen. Fraktionschef Chaled-Uwe Said rief die Kommunalaufsicht an – und siehe da: Das zuständige Innenministerium Brandenburgs kassierte die Pläne einer faktischen Schenkung. Man habe dadurch, so Said, einen „Riesenschaden für den Steuerzahler“ erfolgreich verhindert.