Frankreich I: In dem kleinen französischen Ort Bélâbre mit seinen 900 Einwohnern haben der Rassemblement National (RN) bei der Europawahl 44,37 Prozent und die Liste der rechten Gruppierung Reconquête fünf Prozent der Voten erhalten. Das ist offenbar eine Reaktion auf die Entscheidung der Verwaltung, hier eine weitere Aufnahmeeinrichtung für Migranten zu schaffen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in anderen Städten und Gemeinden ab, in denen gegen den Widerstand der Bevölkerung solche Zentren bereits eröffnet wurden: In Beyssenac (Corrèze) etwa stimmten 42,49 Prozent der Einwohner (+25 Prozentpunkte im Vergleich zu den letzten Europawahlen) für die von Jordan Bardella angeführte Liste des RN, in Plainfaing (Vogesen) waren es sogar 55,92 Prozent. In Châteauneuf-Grasse (Alpes-Maritimes), traditionell eine Hochburg der Macronisten, immerhin 33,15 Prozent.
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Die Beschimpfung als „Nazi“ hat in Deutschland drei große (und zahllose kleine) Konjunkturen gehabt: in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als es tatsächlich noch einen gewissen Teil Vernagelter gab, aber vor allem Säuberungmaßnahmen die übliche Neigung zur Denunziation in Schwung brachten und man den Konkurrenten oder sonst Mißliebigen mit dem Vorwurf erledigen konnte; in den 1960er Jahren, als die „Vergangenheitsbewältigung“ auf Touren kam; und jüngst, seitdem die neurechte Gefahr die Volksgemeinschaft bedroht. Es bleibt die Frage, ob sich nicht auch dieses Mittel abbraucht.
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„Der Mensch ist zu allen Zeiten ein höchst komplexes, polychromes und widerspruchsvolles Geschöpf gewesen, das sein letztes Geheimnis nicht preisgibt. Die gesamte untermenschliche Natur trägt einen sehr uniformen Charakter; die Menschheit besteht aber aus lauter einmaligen Individuen. Aus einem Lilienkeim wird immer wieder eine Lilie, und wir können die Geschichte dieses Keims mit nahezu mathematischer Sicherheit vorausbestimmen: aus einem Menschenkeim wird aber immer etwas noch nie Dagewesenes, nie Wiederkehrendes. Die Geschichte der Natur wiederholt sich immer; sie arbeitet mit ein paar Refrains, die sie nicht müde wird zu repetieren; die Geschichte der Menschheit wiederholt sich nie“. (Egon Friedell)
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Die schwere historische Verantwortung, die die Partei der Grünen auf sich geladen hat, besteht in der Diskreditierung des Umweltgedankens.
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Frankreich II: Die linksextreme, von Jean-Luc Mélenchon geführte Partei La France insoumise (LFI) hat triumphierend auf ihren Erfolg bei der Europa-Wahl hingewiesen. Tatsächlich konnte sie die Zahl ihrer Mandate von sechs auf neun erhöhen. Allerdings bleibt LFI mit 9,89 Prozent der Stimmen weit hinter dem zurück, was sie bei den letzten Präsidentschaftswahlen (ein gutes Fünftel der Voten) oder Parlamentswahlen (ein knappes Drittel der Voten) erreicht hatte. Das erklärt sich einerseits aus dem Umschlagen der Stimmung in manchen Städten – hier wäre der Erfolg des RN mit 30,14 Prozent gegenüber 21,54 Prozent für LFI zu nennen – und hat andererseits damit zu tun, daß die Grenzen des Spagats deutlicher werden, zu denen die Islamolinke gezwungen ist. Tatsächlich können Mélenchon und seine Leute als Erfolg ihres ganz auf den Palästina-Konflikt ausgerichteten Wahlkampfs verbuchen, daß sie in Städten wie Saint-Dénis, La Courneuve oder Bobigny und zahlreichen anderen mit einem starken Einwandererteil muslimischer Herkunft regelmäßig auf einen Anteil zwischen 40 und 50 Prozent der Stimmen kamen. Aber für den Zugewinn hier zahlte man mit Verlusten in jenen „populären“ Vierteln, in denen die einfachen Leute weißer Hautfarbe leben.
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Ousmane Sonko, der Premierminister des Senegal, hat in einer Rede über die Beziehungen zwischen Afrika und dem Westen erklärt, daß die wachsende antiwestliche Stimmung auf dem Schwarzen Kontinent wesentlich mit der Propaganda zugunsten der Homosexualität durch die USA und die europäischen Länder zusammenhänge. Zwei Drittel der afrikanischen Länder stellten Homosexualität unter Strafe und verbäten sich diesbezüglich jede Einmischung von außen, die allein das Ziel verfolge, „den Import von Lebens- und Denkweisen durchzusetzen, die unseren Werten widersprechen und die einen neuen Casus belli darstellen könnten, weil sie in Ländern wie dem Senegal zu enormen Spannungen und Mißverständnissen führen, da sie Kulturen, Zivilisationen und politische Systeme mit diametral entgegengesetzten Visionen einander konfrontieren“.
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Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, daß die Netzseite der Marienburg – heute polnisch Malbork – in der deutschen Version derart desorganisiert ist.
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Radikalität ist eine notwendige Begleiterscheinung jedes Neuansatzes. Ganz gleich, ob es um Kunst, Wissenschaft, Politik oder Religion geht. Aber wie alle starken Impulse hat auch dieser nicht nur konstruktive, sondern auch destruktive Effekte. Das kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, daß Radikalität zur Radikalisierung tendiert – eine Art Berserkereffekt –, weshalb sie sich so oft auch gegen ihre eigene Wirkung wendet.
Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 5. Juli in der JF-Ausgabe 28/24.