© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/24 / 05. Juli 2024

Frisch gepresst

Anton Bruckner. „Daß es Bruckner gegeben hat, ist für mich das größte Geschenk Gottes.“ Dieser Satz des in der klassisch-romantischen Schule Wilhelm Furtwänglers geformten Dirigenten Sergiu Celibidache steht als Motto über der schmalen Biographie von Hermann Attinghaus, die zum 200. Geburtstag des Meisters am 4. September erschienen ist. Das ist vor allem deshalb eine glückliche Wahl, weil der Zen-Schüler Celibidache unter allen Kapellmeistern des 20. Jahrhunderts, Furtwängler eingeschlossen, sicher der kongenialste Interpret des „Schöpfers der unnervösesten Musik neuerer Zeit“ (Hermann Abendroth) gewesen ist. Attinghaus legt das Schwergewicht seiner knappen, schön illustrierten Darstellung nicht auf Musikgeschichte und Werkdeutung, sondern auf den facetten- und anekdotenreich geschilderten Lebensweg, der den tiefreligiösen Lehrersohn aus Oberösterreich nach Wien führt, wo er zum Professor am Wiener Konservatorium und Hoforganisten aufsteigt. Gegen viele Widerstände, von der auf Johannes Brahms eingeschworenen Wiener Kritik beharrlich als „Epigone Wagners“ geschmäht, findet der 1896 gestorbene Bruckner erst spät Anerkennung als Titan der Musik, der nicht nur für Attinghaus „selbstverständlich“ in eine Reihe mit Bach und Beethoven gehört. (ob)

Hermann Attinghaus: Anton Bruckner – Mythos und Wirklichkeit. Zum 200. Geburtstag des Meisters von St. Florian. 

Verlag der Österreichischen Landsmannschaft, Wien 2024, broschiert, 111 Seiten, Abbildungen, 11,50 Euro



Klimakrise. Er habe seine Geduld verloren, macht der ehemalige WDR- und Springerjournalist Martin Häusler, der mittlerweile als freier Publizist lebt, gleich zu Beginn seines Buches klar. Mit wem? Mit allen, die das Thema Klimakrise nicht als ebenso drängende Gefahr sehen, wie er selbst und dem Problem mit sanften Methoden begegnen wollen. Methoden, die Häusler für gescheitert hält. Konzerne, die den Klimawandel vorantrieben, begingen de facto eine Art Massenmord an der Natur. Die britische Anthropologin Jojo Mehta, die den internationalen Gerichtshof in Den Haag dazu bringen wollte, einen neuen Straftatbestand namens „Ökozid“ zu ahnden, findet der Autor lobenswert. Ebenso wie den amerikanischen Unternehmer Yvon Chouinard, der 2022 sein eigenes, drei Milliarden schweres Unternehmen an mehrere Umweltstiftungen übertrug. Von solchen Kampfansagen abgesehen beschreibt Häusler in erster Linie verschiedene Umweltprobleme, immer wieder unterfüttert mit eigenen biographischen Details aus seiner Jugend in der Industriestadt Leverkusen. Wer weltanschaulich auf der Seite des Autors steht, mag das Buch als kompakten und energisch formulierten Themenüberblick genießen. (lb)

Martin Häusler: Unsere entscheidenden Jahre. Welche Grenzen überschritten sind, wo wir noch gestalten können, wer uns daran hindert. Europa Verlag, Zürich 2024, broschiert, 224 Seiten, Abbildungen, 25 Euro