Niemand kann Marion Ackermann fehlende Erfahrung vorwerfen. Die kommende Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), eine der wichtigsten kulturgeschichtlichen Institutionen Deutschlands, kennt sich aus in der Museumslandschaft. Ab 2003 leitete die 1965 in Göttingen geborene Kunsthistorikerin das Kunstmuseum Stuttgart, bevor sie 2009 die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf übernahm. Seit 2016 ist die Niedersächsin, die in Ankara aufwuchs, Generaldirektorin der weltberühmten Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden.
Und da fangen die Probleme an: In ihre Amtszeit fällt der spektakuläre Einbruch in die Schatzkammer des Grünen Gewölbes im Dresdner Stadtschloß, bei dem Mitglieder eines arabischen Familienclans 2019 unschätzbare historische Juwelen im Wert von mehr als einhundert Millionen Euro raubten. Ein Teil der Beute der mittlerweile verurteilten Täter ist bis heute verschwunden. Ein Untersuchungsbericht der Dresdner Polizei stellte im Nachgang den Sicherheitsvorkehrungen der Kunstsammlungen unter Ackermann ein verheerendes Zeugnis aus: Die Beamten attestierten den Dresdner Museen eine „wenig ausgeprägte Sicherheitskultur“, ein fahrlässiges Kompetenzwirrwarr sowie die Modernisierung der Sicherheitstechnik verschleppt zu haben.
Nach dem Einbruch versuchte Ackermann auf eigene Faust den gestohlenen Bruststern des Weißen-Adler-Ordens für 40.000 Euro auf dem Schwarzmarkt zurückzukaufen – und fiel auf einen Betrüger herein. Die Kritik des Landesrechnungshofes war vernichtend. Der Kunstsammlung fehlten unter ihr „grundlegende Kenntnisse des Verwaltungsorganisationsrechts“. Die Kritik an Ackermanns Amtsführung riß seitdem nicht mehr ab, Rücktrittsforderungen inklusive. Die anstehende Vertragsverlängerung wurde zuletzt auf die Zeit nach der sächsischen Landtagswahl im Herbst vertagt. Keine guten Voraussetzungen, um künftig den Koloß SPK zu führen, der seit Jahren als dysfunktional und dringend reformbedürftig gilt.
Widerstand ist von ihr nicht zu erwarten, zu sehr ist Ackermann in ‘postkoloniale’ Diskurse verstrickt.
Doch seit Montag steht die Berufung fest: Auf Sachsens Glanz in Dresden, soll für Ackermann Preußens Gloria in Berlin folgen. Wobei die Frage ist, wie lange der Name der Stiftung noch an Preußen erinnern darf. Denn Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat längst eine Umbenennung der SPK ins Spiel gebracht, um die Erinnerung an Preußen zu tilgen. Von der designierten Stiftungschefin, die ihr Amt im Juni 2025 antreten und den seit 2008 amtierenden SPK-Präsidenten Hermann Parzinger ablösen soll, darf in dieser Frage kein Widerstand erwartet werden. Zu sehr ist Ackermann in die zeitgeistigen und vor allem „postkolonialistischen“ Diskurse der Museumswelt verstrickt.
Für Aufsehen sorgte 2021 ein „Diskriminierungscheck“ der Dresdner Kunstsammlungen, in dessen Folge 143 Kunstwerke umbenannt wurden, da ihre Titel vermeintlich rassistische oder diskriminierende Begriffe wie „Zigeuner“ oder „Neger“ enthielten. Zwar verwies Ackermann darauf, daß nicht vom Künstler vergebene Originaltitel umbenannt, sondern nur spätere Zuschreibungen geändert wurden. Doch die Signalwirkung bleibt und dürfte in der ideologisch überhitzten Kunst- und Kulturszene Berlins unter Roths Ägide dankbar aufgegriffen werden. Wohl auch deshalb stößt Ackermanns Wechsel in Dresden auf viel Zustimmung.