Langsam nähert sich die S-Bahn dem nächsten Halt. Sternschanze. Haltepunkt zum berüchtigten Schanzenviertel, Eingangspforte zur linksradkalen Antifa-Hochburg Hamburgs. Und Ausgangspunkt der jährlich wiederkehrenden Krawalle zum 1. Mai. Es ist ein Ort, der im Juli 2017 für unrühmliche Schlagzeilen stand. Damals, anläßlich des G20-Gipfels in der Hansestadt, zeigte der Linksextremismus einmal mehr sein häßliches Gesicht, als aus deren Reihen Gewalttäter reihenweise Autos anzündeten, Müllcontainer in Brand setzten und Feuer und Barrikaden auf den Straßen der Elbmetropole errichteten.
Und heute? „Heute hat sich eigentlich nicht viel geändert“, meint Kai, der in einer jener unzähligen Bars und Kneipen jobbt, für die das Schanzenviertel ebenso bekannt ist. Der 34jährige lebt seit 11 Jahren „in einer WG in der „Schanze“. „Die ganz großen Fights hier hab ich ja gar nicht miterlebt. Aber logisch, an 2017 kann ich mich nur allzu gut erinnern.“
An die brennenden Autos und Müllcontainer. An Feuer auf den Straßen. An die Plünderungen von Geschäften rund um das Schanzenviertel. An die dicken Rauchschwaden über der Elbmetropole. Maßgeblich ausgelöst durch diverse gewaltbereite Antifa-Gruppen, die das Schanzenviertel nicht nur während des G20-Gipfels als Rückzugsort und Operationsbasis für Terror und Sabotage nutzten.
Die JF hat sich inkognito ins Schanzenviertel begeben. Eine Gesprächsaufnahme mit offenem Visier ist wie in praktisch allen Antifa-Hochburgen auch hier wenig ratsam. Und konfliktfrei eigentlich so gut wie unmöglich. Kai ahnt daher nicht, mit wem er spricht. Daß es sich bei seinem Gegenüber nicht um das Grünen-Mitglied aus Hannover handelt, das für ein alternatives Stadtmagazin eine Geschichte über die linke Szene in der „Schanze“ schreiben möchte.
Eine Szene, die hier ausgiebig anzutreffen ist. Ökoläden, Esoterik-Geschäfte. Ebenso Wohnungen für finanziell gehobeneres grün-alternatives Milieu. Aber auch Döner-Buden und türkische Restaurants, die zwischen den zahlreichen Szenekneipen immer mal wieder auftauchen, prägen das Bild. Bei der letzten Bundestagswahl holten die Grünen in diesem Stadtteil knapp 50 Prozent, die Linkspartei fast 20 Prozent. Zum Vergleich: CDU und AfD kommen hier zusammen gerade mal so über die 5 Prozent-Hürde.
Zentrum dieser Antifa-Hochburg ist die „Rote Flora“, ein ehemaliges Theater, das sogenannte linksautonome Gruppen 1989 besetzten und seither unter ihrer Kontrolle halten. Es ist ein Gang Richtung Höhle des Löwen. Die „Rote Flora“ wird hauptsächlich von der gewaltbereiten linksautonomen Szene als Schulungs- und Kulturzentrum genutzt, das von Fall zu Fall auch immer wieder mal als Zufluchtsstätte für Kriminelle dient.
Stechender Marihuana-Geruch durchzieht die Luft, leere Wodka-Flaschen stehen und liegen herum. Hier hat sich wirklich nicht viel geändert. Bis heute ist es dem Hamburger Senat nicht gelungen, das besetzte Gebäude räumen zu lassen. „Das wollen die auch gar nicht“, ist sich Kai sicher. „Die Politiker wollen Koexistenz, vor allem die Grünen wollen keinen Streß mit der Szene, weil viele ihrer Anhänger mit der ‘Roten Flora’ ja sympathisieren.“
Allein die schrägen Grundstücksdeals rund um die „Rote Flora“ sind abenteuerlich. 2001 verkaufte der Hamburger Senat das Gebäude für umgerechnet 190.000 Euro. Um es 2014 über die Lawaetz-Stiftung als Mittler für einen Betrag von 820.000 Euro wieder zurückzukaufen. Das Ziel: die Nutzungsverhältnisse so wie bisher fortbestehen zu lassen. Alles ohne Mietvertrag. In der „Roten Flora“ schaffte sich der Rechtsstaat ab. Betriebskosten für das Gebäude? Zahlt die Stadt, nicht seine kriminellen Bewohner.
„Die Flora ist schon immer auch eine Rückzugszone nach Kloppereien mit den Bullen gewesen“ ergänzt Kai. Deshalb sei es „so wichtig, sie zu halten.“ Das Areal gilt bundesweit als eines der wichtigsten Zentren der linksautonomen Szene. Neben den Kostenübernahmen durch die Stadt finanzieren sich die Besetzer durch Getränkeverkauf, Eintrittspreise für Konzerte und andere Kultur-Veranstaltungen, die auf dem Gelände nahezu täglich stattfinden. Auch eine sogenannte Volxküche sowie ein „Archiv der sozialen Bewegungen“ tragen zu deren Finanzierung bei.
Genaue Zahlen über die Höhe der dadurch kassierten Einnahmen existieren nicht, doch gemunkelt wird, daß die Besetzer im Lauf der Jahre Beträge in Millionenhöhe erhalten haben.
Und dennoch: „Die Stimmung in der linken Szene Hamburgs ist momentan ziemlich mies“, erzählt Kai. Schuld daran seien die Entwicklungen im Gaza-Krieg, der nach dem 7. Oktober letzten Jahres ausgebrochen war, nachdem Hamas- Terroristen mehr als tausend Israelis überfallen, abgeschlachtet oder verschleppt hatten. „Der Konflikt spaltet uns alle gerade komplett“, schildert der Barmitarbeiter.
Zahlreiche linke Gruppen würden sich mittlerweile für Palästina und gegen Israel engagieren und dabei auch vor antisemitischen Aktionen nicht zurückschrecken. „Da ist bei mir eine Grenze erreicht. Die deutsche Linke ist gerade im Begriff, von Antisemiten geentert zu werden. Aber ich bin doch nicht links, um nun dabei mitzuhelfen, daß der Antisemitismus in Deutschland aufs neue erstarkt, da bin ich raus“, betont Kai sichtlich frustriert.
Am 14. Mai besetzten pro-palästinensische Linksradikale sogar die „Rote Flora“, ließen eine riesige Palästina-Fahne vom Balkon des ehemaligen Theatergebäudes hängen. Dazu ein Transparent mit der Aufschrift: „Good Night white Flora.“
Es war ein „Aufruf zur Wiederaneignung linker Zentren“, wie die selbsternannten „Aktivisten“ später in einer Pressererklärung schreiben sollten. Eine Kampfansage an die bisher vorherrschend antideutschen, proisraelischen „Rote Flora“-Besetzer. „Es ist zu befürchten, daß zukünftig migrantische und antisemitisch eingestellte Linke das Zentrum übernehmen werden“, meint Kai.
In diesem Fall würden künftig nicht nur linksextreme Gewalttäter in den Genuß staatlicher Fördermittel kommen, sondern auch Antisemiten. Also ausgerechnet jene, gegen die sich der sogenannte „Kampf gegen Rechts“ eigentlich richten sollte.
Der Anfang dazu ist längst erfolgt. Das Förderprogramm „Demokratie leben“ des von den Grünen geführten Bundesfamilienministeriums bezuschußt unter anderem das Projekt „QualiMoVe“, das offiziell für „Qualitätsentwicklung in Moscheegemeinden und islamischen Organisationen durch Vernetzung“ steht. Bereits seit 2020 erhält das Projekt einen jährlichen staatlichen Zuschuß in Höhe von 200.000 Euro.
Hinter dem Projekt verbirgt sich das Islamische Wissenschafts- und Bildungsinstitut e.V. Dessen zweiter Vorsitzender ist Ali Özgür Özdil, ein im südosttürkischen Iskenderun, nahe der syrischen Grenze geborener Islamwissenschaftler. Özdil zählt zu den Mitgründern der Schura Hamburg, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in der Hansestadt, auf die wiederum laut Hamburger Verfassungsschutz das pro-iranische Islamische Zentrum Hamburg (IZH) maßgeblichen Einfluß ausübt und bis 2022 einen der drei Schura-Vorsitzenden stellte. Das IZH wird vom Verfassungsschutz beobachtet, der es als „Instrument der iranischen Staatsführung“ betrachtet.
Zwar ist das IZH seit 2022 kein Schura-Mitglied mehr, doch sei nicht auszuschließen, daß es sich bei diesem Schachzug nur um eine „rein taktische Maßnahme“ handele, um die Schura vor Kritik zu schützen, vermutet Kai. Direktor des IZH ist übrigens Mohammad Hadi Mofatteh, ein Mitglied der iranischen Revolutionsgarden. „Sollten sich die Antisemiten in der linken Szene durchsetzen, dann gute Nacht“, fürchtet Kai jedenfalls bereits das Schlimmste.
Lesen Sie in Teil 3 dieser Reportageserie die Hintergründe rund um die Antifa-Hochburg UJZ Kornstraße in Hannover.
Foto: Kufiya-Tücher und Palästinaflaggen im Hamburger Zentrum: Die lange Zeit totgesagte antiimperialistische Linke ist zurück