Sie waren immer da und hatten nie einen kränklichen Eindruck gemacht. Brav standen die sechs Springpferde auf ihren etwa zehn Meter hohen Stelen am Ufer der Elbe – selbst an Sonn- und Feiertagen. Dann auf einmal ging es mit dem Pferdetor in Magdeburg ganz schnell.
Im März stellte die Stadt fest, daß das von Albin Müller zur Theaterausstellung 1927 entworfene Klinkerensemble baufällig sei und abgerissen werden müsse. Hochwasser hätte die Steine errodiert, der Stahlkern zerfalle. Eine Sanierung sei ausgeschlossen. Eigentlich wußten alle, daß Pferde nicht so alt werden. Daß nun trotzdem die Zeit für den Abdecker gekommen war, erschütterte die Stadtgesellschaft aber doch. „Zu DDR-Zeiten war dieses Tor eine Parkplatzbegrenzung – und das hat gezeigt, wie begrenzt die Phantasie war, in Bezug auf dieses Areal“, weiß der Geschäftsführer der Magdeburger Kunstinitiative „Forum Gestaltung“, Norbert Pohlmann, dem MDR gegenüber zu berichten. Ihn störe die Diskussion darüber, wie teuer ein Wiederaufbau der Skulptur werde. 2027 – zum 100jährigen Jubiläum der Theaterausstellung –, sollte das Architekturtrio aus Pferdetor, Stadthalle und Albinmüller-Turm eigentlich wieder in altem Glanz erstrahlen.
Doch ausgerechnet für das Steinvieh fehlt jetzt das Geld. „Für dieses Jahr sind die Antragsfristen schon verstrichen“, gab die parteilose Oberbürgermeisterin der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt, Simone Borris, zu verstehen. Auch ob nächstes Jahr die nötigen Mittel flössen, wisse niemand. Die Stadt könne sich sowieso nur einen günstigeren Nachbau des Kunstwerks leisten, keine originalgetreue Rekonstruktion. Tier- und Denkmalschützer dürften sich einig sein, daß „erst abreißen, dann nachdenken“ keine wirklich brauchbare Devise ist. Magdeburg setzt hier aufs falsche Pferd.