© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/24 / 12. Juli 2024

Grüße aus … Rom
Suche nach Sachlichkeit
Paola Bernardi

Im elften Jahr seines Pontifikates erlebt Papst Franziskus, der erste Nichteuropäer, der erste Papst, der dem Orden der Jesuiten angehört, etwas Unerhörtes: öffentliche Kritik. Dem Vatikan droht sogar eine Sammelklage. 

Der von aller Welt stets bewunderte „Kurialstil“ (Klarheit, Sachlichkeit, Zurückhaltung) im Vatikan wurde allerdings von Anfang an von diesem Papst nie gepflegt. Doch bisher konnten die geschulten Vatikandiplomaten immer alles unter Verschluß halten und somit das Schlimmste verhindern. Nun droht auch noch eine Sammelklage gegen den Vatikanstaat. Gut vier Dutzend Mitarbeiter der Vatikanischen Museen wollen gegen ihren kirchlichen Arbeitgeber klagen. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, denn bisher galt es quasi als „Ehre“, als  Privileg, im Vatikan zu arbeiten, obwohl die Gehälter immer niedrig waren.   

Der „Influencer Gottes“, „Schwuchteleien“ im Priesteramt und „herzlose“ Geschäfte setzen dem Papst zu.  

In einem Schreiben an den spanischen Kurienkardinal, Fernando Vérgez Alzaga, Regierungschef der Vatikanstadt, wurden die Arbeitsbedingungen beklagt, „welche die Gesundheit und die Würde des einzelnen Mitarbeiters schädigen“. In dem Schreiben, das der Corriere della Sera veröffentlichte,  ist von einem „offenen Mißmanagement der Museumsführung, die nur an Gewinnmaximierung interessiert“ sei, die Rede. Bemängelt wurde, daß die Höchstgrenze der täglichen Besucher von 24.000 in den Vatikanischen Museen täglich um bis zu  6.000 überschritten würde. Der Vatikanstaat lebt von den Eintrittsgeldern der Museen. Auch das  Fehlen eines sozialen Netzes für Angestellte in Krisensituationen ist in der Kritik.

 Hohe Wellen schlägt auch, daß Papst Franziskus zur möglichen Zulassung Homosexueller zum Priesteramt erklärt haben soll, „daß es schon jetzt zu viel ‘Schwuchtelei’ (frociaggine) gebe. Seitdem versucht der Vatikan diese Bemerkung herunterzuspielen: der Papst habe Italienisch nicht als Muttersprache.

Während noch die Debatte über die Homosexualität weitergeht, verblüfft dieser Papst erneut.  Er will den als „Influencer Gottes“ bekannten Italiener Carlo Acutis zum Heiligen des Internet erheben. Der tiefreligiöse Knabe (1991-2006) wurde in Umbrien, dem Geburtsort des Heiligen Franz von Assisi, auf seinen eigenen Wunsch hin begraben. Schon mit elf Jahren erstellte er ein Onlineverzeichnis aller eucharistischen Wunder weltweit. Bereits 2013 wurde die Heilung eines brasilianischen Jungen als Wundertat anerkannt. Die Seligsprechung erfolgte im Oktober 2020. Nun wurde ein zweites Wunder bestätigt: die Genesung einer schwer verunglückten jungen Frau. 

Papst Franziskus hat nun dieses zweite Wunder bestätigt, der Weg zur Heiligsprechung ist frei.