Der Deal ist perfekt, mit dem Beitritt des französischen RN erweitert sich die neue Fraktion Patrioten für Europa (PfE) im EU-Parlament auf 84 Abgeordnete aus zwölf Ländern. Eine beachtliche Zahl, die den neuen Zusammenschluß aus dem Stand auf den dritten Platz katapultiert, hinter den führenden Christdemokraten und den zweitplazierten Sozialdemokraten aber deutlich vor Liberalen, Grünen und Sozialisten. Ein neuer Machtblock, der besonders den Sozialdemokraten und den Grünen Sorgen bereitet. Eine „Brandmauer“ müsse gegen die neue Fraktion her, warnen die SPD-Vizeparlamentspräsidentin Katarina Barley und die grüne Fraktionschefin Terry Reintke und fordern gar den Ausschluß der neuen Fraktion von Parlamentsposten, wie etwa dem Vorsitz in Ausschüssen. Grüne und Linke dürfte vor allem die Sorge um die Standhaftigkeit der Christdemokraten umtreiben. Inhaltliche Zugeständnisse der EVP Fraktion an die Patrioten dürften für Barley und Reintke ein Alptraum sein, aus ihrer Sicht gefährdet die starke rechte Fraktion die linksliberale Lufthoheit auf den Korridoren des Parlaments.
Der Austritt der Vox aus der EKR überrascht Giorgia Meloni
Ebenfalls geschwächt ist die bisherige Anführerin des rechten Lagers, Italiens Premierministerin Giorgia Meloni. Besonders der Abschied von Vox aus der von ihren Leuten angeführten EKR dürfte die persönliche Freundin von Vox-Chef Santiago Abascal schwer getroffen haben. Zumal der Wechsel selbst für in Brüssel gut vernetzte Beobachter überraschend kam, hatte sich doch der Vox-Abgeordnete Hermann Tertsch noch am vergangenen Montag zum Vizepräsidenten der EKR-Fraktion wählen lassen, bevor dann wenige Tage später der Wechsel zu PfE verkündet wurde. Dennoch glättet Parteichef Abascal die Wogen, Meloni bleibe ein „Freund und Verbündeter“ seiner Partei, man werde „über Fraktionsgrenzen hinaus exzellent zusammenarbeiten“.
Beim Gründungstreffen der Patrioten herrscht ohnehin eine hervorragende Stimmung, man werde „gemeinsam die EU umbauen“, schwärmt der frisch gewählte Fraktionsvize Harald Vilimsky (FPÖ) neben seinen Amtskollegen. Die 84 Abgeordneten seien „nur der erste Schritt“. Manch ein Anwesender munkelt, daß Vilimsky damit einen Hinweis auf einen baldigen Beitritt der polnischen PiS oder gar der deutschen AfD gegeben habe. Erstere hat bisher darauf verzichtet, die EKR zu verlassen, letztere wurde bis auf weiteres nicht eingeladen und müht sich mit der Gründung einer eigenen Fraktion.
Tatsächlich ist die PfE die mit Abstand stärkste Rechtsfraktion in der Geschichte des EU-Parlaments, nicht nur durch ihr Stimmgewicht im Plenum, sondern auch durch die ihr zur Verfügung stehenden Finanzmittel dürfte die Gruppe eine deutliche Gewichtsverschiebung nach rechts bewirken. Diese Verschiebung in politische Erfolge umzuwandeln wird die Aufgabe ihrer Führungsmannschaft unter dem Franzosen Jordan Bardella, der sich allerdings in Abwesenheit zum Fraktionschef wählen ließ. „Das fängt ja gut an“, murmelt dazu ein Mitarbeiter der bisherigen ID-Fraktion gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Tatsächlich gilt Bardella unter seinen Kollegen als eher zurückhaltend, was seine parlamentarische Arbeit angeht.
Immerhin: Der Wunsch von Barley und Reintke nach einer Isolierung der neuen Fraktion scheint einstweilen nicht aufgegangen zu sein. Eine Quelle aus der Parlamentsverwaltung sprach gegenüber der jungen freiheit davon, daß sich die Runde der Fraktionen auf zwei Ausschüsse für die PfE geeinigt habe: den Transport- und den Kulturausschuß.