Das bei der Parlamentswahl in Frankreich erfolgreiche Linksbündnis Neue Volksfront (NFP) hat viel versprochen: Preissperren/Subventionen bei Lebensmitteln, Energie und Kraftstoffen, Wiedereinführung der Vermögensteuer, höhere Erbschaftsteuer, 1.600 Euro netto Mindestlohn und eine Rückkehr zur Rente mit 60. Das würde die Verschuldung bis 2027 um weitere 150 Milliarden Euro steigen lassen – bei einer Staatsverschuldung von über 3,1 Billionen Euro. Das sind etwa 111 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das Staatsdefizit überschritt 2023 mit 5,5 Prozent des BIP die erlaubte Drei-Prozent-Marke.
Im Juni leitete die EU-Kommission ein Defizitverfahren gegen Frankreich und sechs weitere EU-Länder ein (JF 27/24). Zugleich stufte die Rating-Agentur S&P die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU von AA auf AA- herab. Auch deshalb stiegen die Zinsen französischer Staatsanleihen leicht auf 3,2 Prozent und der Risikoaufschlag zu deutschen Staatsanleihen in der Spitze auf 0,8 Prozentpunkte – dennoch unterblieb am 8. Juli der Sturm auf dem Kapitalmarkt. Zum einen gab es bislang 195 Überschreitungen der Drei-Prozent-Defizitgrenze (etwa Griechenland 18mal, Portugal 16mal, Frankreich 15mal). Davon waren 75 wegen schwerer Rezession erlaubt. Nie gab es hingegen eine mögliche Strafzahlung – der Fiskalpakt ist ein zahnloser Tiger. Zudem wird die EU eine Staateninsolvenz eines so wichtigen Landes niemals zulassen. Mit ihrem neuen, bislang nicht aktivierten Anleihekaufprogramm TPI dürfte die EZB die Pariser Staatsschulden im Krisenfall ankaufen. Alternativ könnten neue EU-Gemeinschaftsschulden (Eurobonds) ähnlich dem 750-Milliarden-Programm Next Generation EU (NGEU) aufgelegt werden.
Dies würde zwar einen Verstoß der EU-Statuten gegen das Verbot der monetären Staatsverschuldung (Art. 123) und das Nichtbeistandsverbot (Art. 125) darstellen – doch „weil es Frankreich ist“, so EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2016, wäre es wohl durchsetzbar. In der ARD brachte AfD-Chef Tino Chrupalla daher die Aufspaltung der Eurozone in einen Nord- und Süd-Euro ins Gespräch. Angesichts von deutschen Target-Forderungen von 1,1 Milliarden Euro erscheint das unrealistisch, aber es zeigt eines: Deutschland ist angesichts der Austrittskosten hochgradig erpreßbar.