Anstelle einer einheitlichen, starken rechtskonservativen Fraktion besitzt das EU-Parlament nun gleich drei, nimmt man die EVP aus, die man bestenfalls als Zentrum bezeichnen kann: die EKR, in denen die Italiener Giorgia Melonis der polnischen PiS den Führungsanspruch streitig machen, die „Patrioten für Europa“, die gewissermaßen aus einer Mutation von „Identität und Demokratie“ entstanden sind und mit Le Pen und Orbán verbunden werden, und neuerdings die von der AfD dominierte Minifraktion „Europa Souveräner Nationen“.
Während die ersten beiden zwar in Fragen außenpolitischer Ausrichtung geteilter Meinung sind – Stichwort Nato und Rußland –, arbeiten sie doch seit Jahren zunehmend eng zusammen und bemühen sich um konsequente Entdämonisierung. Die letztgenannte allerdings ist von den ersten vor allem dadurch getrennt, daß sie im wesentlichen aus Kleinstparteien besteht, die ihre Existenz der (Rechts-)Opposition gegen ihre jeweils größeren, rechtskonservativen Konkurrenten verdanken – und natürlich, daß die AfD sich im EU-Parlament nicht ganz unfreiwillig vorläufig ins Abseits geschossen hat.
Freilich, drei Gruppen bedeuten auch drei Möglichkeiten, EU-Mittel in verschiedene Stellen und Projekte umzuleiten; die Frage ist nur, ob die Aufsplitterung tatsächlich dann überwunden werden kann, wenn es nötig wird. „Getrennt marschieren, vereint schlagen“, oder doch eher: „Teile und herrsche“?
Prof. Dr. David Engels lehrt Römische Geschichte in Brüssel und forschte am Posener West-Institut.