Der Innen- und Rechtsausschuß des schleswig-holsteinischen Landtags befaßt sich aktuell mit dem Fall der geschaßten Sozialstaatssekretärin Marjam Samadzade. Die macht es ihrer früheren Chefin, Sozialministerin Aminata Touré (Grüne), nicht leicht.
Die parteilose Samadzade war Richterin am Amtsgericht Ratzeburg, bevor Touré sie als Antirassismus-Expertin in ihr Ministerium nach Kiel holte. Doch während Staatssekretäre eigentlich für das Wirken und Minister für das Glänzen zuständig sind, zog es auch Samadzade vor, sich ins Rampenlicht zu stellen und in sozialen Netzwerken einen israelkritischen Post abzusetzen, was im Oktober 2023 zu ihrer eigenen Absetzung führte. „Israels Existenzrecht darf zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt werden“, so Touré. Tatsächlich hatte das Samadzade auch gar nicht getan. Sie hatte vielmehr die israelische Regierung als „rechts“ bezeichnet, die Völkerrecht breche – so weit, so unauffällig. Der Kontext war eine Zustimmung zu einem Post der afrodeutschen Autorin Alice Hasters, die allerdings zu den von Touré selbst gewürdigten Autoren gehört.
Daß der Instagram-Post allein nicht der Grund für Samadzades Entlassung war, hat die JUNGE FREIHEIT aus dem engeren Kreis um die Landesregierung erfahren. Viel größer sei der Ärger um eine Besetzung der angedachten Stabsstelle Antirassismus gewesen. Samadzade hatte als Staatssekretärin dafür Sorge getragen, daß die Position ungeachtet der sonst üblichen Auswahlverfahren mit einer Freundin besetzt werden sollte. Touré hatte dem Vernehmen nach die Beziehung zwischen ihrer Staatssekretärin und der ausgewählten Person nicht gekannt. Dieser Vertrauensmißbrauch sei der eigentliche Hintergrund von Samadzades Absetzung, der Instagram-Post lediglich der letzte Anlaß.
Der Ausschuß begehrt nun Einblick in einen Kurznachrichten-Schriftwechsel, der zwischen Touré und ihrer früheren Staatssekretärin erfolgt ist und den Hintergrund des Vertrauensbruchs näher beleuchten könnte. Samadzade gab zwar an, der sei automatisch gelöscht worden, um nachzuschieben, daß sie sehr wohl noch Screenshots habe. Die gebe sie aber nur heraus, sofern ihr das keine rechtlichen Schwierigkeiten bereite. Worin diese Schwierigkeiten bestehen sollten, ist unklar. Der Chat selbst tangiert nicht ihre Tätigkeit als Richterin, weshalb disziplinarrechtlich keine Gefahr droht. Das hat inzwischen auch die zuständige Präsidentin des Lübecker Landgerichts bestätigt.
Was auch immer der Schriftwechsel enthält, bislang stellt die Entlassung der Staatssekretärin für Touré und die Grünen als Regierungskoalitionspartner kein Problem dar. Die Oppositionsfraktionen SPD und FDP ersehnen zwar im Ausschuß die Herausgabe des Chatverlaufs und schießen sich auf Touré ein, doch der Vorwurf der Intransparenz prallt an der Ministerin ab. Und so wundert es wenig, daß ihr seitens der CDU Respekt gezollt wird für „beachtliche Nehmerqualitäten“. Man behalte den Koalitionspartner zwar im Auge, Schwarz-Grün aber stehe. Die Antirassismus-Stabsstelle im Sozialministerium ist unterdessen dem Sparzwang zum Opfer gefallen.