Reisen bildet, heißt es im Volksmund. Wenn das zutreffen sollte, wäre der Bundestag ein Bildungsgipfel. Gerade ist die letzte Plenarsitzung vor der Sommerpause vorbei, da zieht es die Abgeordneten wieder in ferne Länder – auf Kosten der Steuerzahler. Ganz oben auf der Liste der entferntesten Reiseziele stehen in diesem Sommer Japan und Südamerika.

So ist eine Delegation des Bildungsausschusses des Bundestages in Japan unterwegs. Auf dem Japan-Trip befinden sich der Ausschußvorsitzende Kai Gehring (Grüne) sowie Holger Becker (SPD), Lina Seitzl (SPD), Thomas Jarzombek und Monika Grütters (beide CDU), Anja Reinalter (Grüne), Friedhelm Boginski (FDP) und Nicole Höchst (AfD). Bei Ausschußreisen gibt es übrigens keine Brandmauer zur AfD, so daß auch AfD-Abgeordnete viel vom Planeten zu sehen bekommen können. Die Japan-Reisenden wollen unter anderem über Möglichkeiten einer deutschen Beteiligung bei der Entwicklung von Technologien für den Rückbau von Atomkraftwerken sprechen. Dabei geht der Trend in Japan in die Gegenrichtung: Über 20 Reaktoren, die nach der Katastrophe von Fukushima abgeschaltet worden waren, sind wieder am Netz.

Auch nach Asien ist eine Delegation der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe unter Leitung ihres Vorsitzenden Hans-Peter Friedrich (CSU) unterwegs. Bei den Besuchen in Peking, Shen-

zhen und Hongkong sind auch Dagmar Schmidt (SPD), Boris Mijatovic (Grüne), Daniel Föst (FDP) und Peter Felser (AfD) dabei. Nach Angaben des Bundestages soll mit Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses über die wirtschaftliche und soziale Lage Chinas, die wirtschaftlichen Beziehungen sowie die Umweltpolitik gesprochen werden. Von der Einhaltung von Oppositions- und Menschenrechten und besonders den Rechten parlamentarischer Minderheiten ist ausdrücklich keine Rede. In diesem Punkt wären Vertreter der alten Bundestagsfraktionen auch schlechte Ratgeber angesichts ihrer fortwährenden Weigerung, der AfD einen Bundestagsvizepräsidenten zuzugestehen, obwohl die Geschäftsordnung dies vorsieht.

Zuvor war bereits der Tourismusausschuß in China. Angeführt von der stellvertretenden Ausschußvorsitzenden Gülistan Yüksel (SPD) sahen sich Anja Troff-Schaffarzyk (SPD), Michael Donth und Heike Brehmer (beide CDU), Nico Tippelt (FDP) und Ina Latendorf (Linke) die 1.318 Kilometer lange und in nur drei Jahren erbaute Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke von Peking nach Shanghai an. Zum Vergleich: Die Sanierung der 280 Kilometer langen Bahnstrecke Berlin–Hamburg soll mit Unterbrechung mindestens zwölf Monate dauern.

In die südamerikanischen Länder Peru und Ecuador zieht es die Parlamentariergruppe Anden-Staaten mit Johannes Wagner (Grüne), Heike Engelhardt (SPD), Erwin Rüddel (CDU) und Konstantin Kuhle (FDP). Andere Ausschüsse gehen auch auf Tour oder waren dies schon. In Europa gibt es kaum einen Hauptstadtflughafen, auf dem nicht Gruppen von Bundestagsabgeordneten auftauchen.