© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30/24 / 19. Juli 2024

Operation Walküre: Hergang des Attentats vom 20. Juli 1944

20. Juli 1944, 7 Uhr

Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg startet vom Flugplatz Rangsdorf bei Berlin mit seinem Adjutanten, Oberleutnant Werner von Haeften, ins Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ bei Rastenburg in Ostpreußen.

11.30 Uhr

Stauffenberg erfährt vom Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, daß die Lagebesprechung aufgrund eines Besuches des italienischen Diktators Benito Mussolini bereits um eine halbe Stunde auf 12.30 Uhr vorverlegt wurde. Zudem findet sie im Teehaus statt, nicht im üblichen Bunker.

12.30 Uhr

Die Mitverschwörer Hauptmann Ulrich-­Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld, Generaloberst Erich Hoepner sowie der Vize-Oberpräsident von Schlesien Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg, Oberregierungsrat Peter Graf Yorck von Wartenburg, Eugen Gerstenmaier und Marineoberstabsrichter Berthold Schenk Graf von Stauffenberg treffen im Berliner Bendlerblock, dem Sitz des Befehlshabers des Ersatzheeres im Oberkommando des Heeres, ein.

12.30 Uhr

Stauffenberg und Haeften begeben sich, unter dem Vorwand sich frisch zu machen, in ein Nebenzimmer in der Wolfsschance. Der kriegsversehrte Stauffenberg drückt dort die Säureampulle des Zeitzünders der Bombe ein und verstaut den Ein-Kilo-Sprengsatz in seiner Aktentasche. Haeften nimmt das zweite Sprengstoffpaket wieder mit. Stauffenberg begibt sich ins Besprechungszimmer und stellt seine Aktentasche in die Nähe Hitlers. Unter dem Vorwand, telefonieren zu müssen, verläßt er die Lagebaracke. 

12.42 Uhr

Die Bombe explodiert. General Günther ­Korten, Generalleutnant Rudolf Schmundt, Oberst Heinz Brandt sowie der Stenograf ­Heinrich Berger sterben, die übrigen 20 Personen in der Baracke erleiden Verletzungen – Hitler selbst nur leicht am Bein. 

12.44 Uhr

Leutnant Erich Kretz fährt ­Stauffenberg mit seinem Adjutanten zur Torwache des Sperrkreises I. Aus dem fahrenden Wagen hat ­Stauffenberg den Eindruck: „Als ob eine 15-cm-Granate eingeschlagen hat! Da kann kaum noch jemand am Leben sein.“

13 – 13.15 Uhr

Wegen des Alarms wird Stauffenberg an der Außenwache festgehalten. Die Kommandantur erteilt telefonisch die Freigabe. Stauffenberg und Haeften fliegen nach Berlin.

14 – 15 Uhr 

Die ersten Gerüchte, das Attentat sei mißlungen, verursachen im Bendlerblock Unruhe. General Friedrich Olbricht will den Staatsstreich einleiten, wird aber von Generaloberst Friedrich Fromm zurückgehalten. Fromm telefoniert mit Keitel im Führerhauptquartier und erhält die Antwort: „Was soll denn los sein? Es ist alles in bester Ordnung. Der Führer ist nur unwesentlich verletzt!“ 

14.30 Uhr

In Paris trifft die Nachricht vom Attentat auf Hitler und Bildung der Regierung Beck/Goerdeler ein. General Carl-Heinrich von Stülpnagel nimmt die Dinge in die Hand: Um 23 Uhr soll die Führung der SS und des Sicherheitsdienstes in Paris verhaftet werden. 

Gegen 15 Uhr

Stauffenberg und Haeften landen bei Berlin. Haeften gibt telefonisch die Nachricht „Hitler ist tot“ an die Mitverschwörer in der Bendlerstraße durch. Danach erst löst Olbricht mit dem Stichwort „Deutschland“ den „Walküre“-Plan aus. Generalleutnant Paul von Hase, Stadtkommandant von Berlin, erteilt dem Kommandeur des Wachbataillons, Major Otto Ernst Remer, den Befehl, das Regierungsviertel abzusperren und Propagandaminister Joseph Goebbels zu verhaften.

16 – 16.30 Uhr

Stauffenberg erreicht den Bendlerblock und begibt sich mit Olbricht zu Fromm. Auf Fromms Einwand, Keitel habe berichtet, der Führer sei nicht tot, erwidert Stauffenberg: „Der Feldmarschall Keitel lügt, wie immer, ich habe selbst gesehen, wie man Hitler tot hinausgetragen hat.“ Doch er irrt: Ein Schwerverletzter wurde mit Hitlers Mantel bedeckt aus der Lagebaracke getragen. 

18 Uhr

Wien erhält per Fernschreiben den Befehl zur Festnahme der führenden NS-Parteifunktionäre sowie der höheren SS-Führer. Dies erfolgt teils gegen 20 Uhr. Zwei Stunden später wird der Alarm als Putsch erkannt. 

19 Uhr

Remer meldet sich bei Goebbels, der den Offizier telefonisch mit Hitler verbindet. Dieser unterstellt ihn sich persönlich und befiehlt, den Putsch niederzuwerfen. 

19.13 Uhr

Stauffenberg befiehlt Prag: „Der Führer ist tot, ich bin selbst dabeigewesen. Befohlene Maßnahmen gegen den Sicherheitsdienst sind beschleunigt durchzuführen!“

20.20 Uhr

Die „Wolfsschanze“ ordert alle Wehrkreisbefehlshaber an: Nur SS-Chef Heinrich Himmler sei Folge zu leisten. 

21.15 Uhr

Der Rundfunk sagt eine Hitler-Ansprache an.

22 Uhr

Paris entwaffnet Polizei- und SS-Verbände widerstandslos. Nach dem Scheitern des Putsches wird dies als „Übung“ dargestellt. Stülpnagel wird nach Berlin befohlen. 

22.30 Uhr

Das Wachbataillon beginnt den bewaffneten Gegenstoß im Bendlerblock. Nur wenige jüngere Offiziere können fliehen. Generaloberst Fromm verurteilt Stauffenberg, Haeften, Olbricht und Mertz von Quirnheim wegen Hochverrats standrechtlich zum Tode.

21. Juli 1944, 00.10 Uhr 

Kurz vor Mitternacht stirbt Generaloberst Beck nach einem Suizidversuch durch einen „Gnadenschuß“. Im Hof des Bendlerblocks erschießt ein Sonderkommanda Olbricht, Haeften, Mertz von Quirnheim und Stauffenberg. Stauffenberg ruft noch: „Es lebe das heilige Deutschland!“

1 Uhr 

In der „Wolfsschanze“ trifft der aus Königsberg angeforderte Übertragungswagen des Rundfunks ein. Hitler wendet sich an die Öffentlichkeit: „Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und mit mir den Stab praktisch der deutschen Wehrmachtführung auszurotten.“



Foto: Stauffenberg und Hitler am 15. Juli 1944 in der „Wolfsschanze“ bei Rastenburg in Ostpreußen: Hoffmann will die Wahrnehmung des Widerstands in „ganzer Breite“ ermöglichen – und sie so der konservativen Lesart entziehen