Klima-, Mobilitäts-, Energie-, Wärmewende – wie immer man es wendet, es dominieren planwirtschaftliche Ansätze. Vermeintlich ökologische Absichten werden über staatliche Anordnungen durchgesetzt. Sie gehen einher mit einer Anmaßung von Wissen über die beste technologische Lösung (Wasserstoff, E-Mobilität, Wärmepumpen, derzeit überwiegend basierend auf fossilen Primärenergien) mit häufig geringer Klima-Wirksamkeit bei hohen Kosten (energetische Bauvorschriften; Pkw-Abgasnormen).
Der Markt könnte die CO₂-Emissionen – bei Vorgabe einer CO₂-Gesamtkapazität – generell effizienter und umweltwirksamer auf die am nutzenstiftendsten Verwendungen verteilen. Doch manchmal ist es etwas komplexer. So bei der Fernwärme, die die Monopolkommission in ihrem aktuellen Gutachten als ein Schwerpunktthema untersucht hat. Etwa ein Fünftel der CO₂-Emissionen in Deutschland entfallen auf das Heizen der Wohngebäude. Die 41,9 Millionen Wohneinheiten (2023) werden überwiegend mit Gas (48,3 Prozent) oder Öl (23,4 Prozent) beheizt.
Der jeweilige Fernwärmeanschluß ist immer lokal gebunden
Um die angestrebte Klimaneutralität bis 2045 auch in diesem Bereich zu erreichen, müssen jene Energieträger mittelfristig auf null zurückgehen und deren Anteil von über 70 Prozent durch erneuerbare Energien übernommen werden. Im Vordergrund stehen die Wärmepumpe mit grünem Strom, die jedoch für Mehrfamilienhäuser in Ballungsgebieten weniger in Frage kommt, und Fernwärme mit grünem Wasserstoff – beide mit 15,2 bzw. 5,7 Prozent eher in weiter Ferne und derzeit noch mit erheblichen fossilen Energieanteilen erstellt.
Die Fernwärme kennzeichnet ein – gewissermaßen zwangsläufiges – Monopol der häufig kommunalen Stadtwerke. Nicht nur die oft im Verbund mit der Müllverbrennung erzeugte Wärme, auch das Verteilnetz und der Vertrieb werden von einem Anbieter betrieben. Man spricht von einer vertikal integrierten Produktion, die auch bei Strom und Gas bis zur Liberalisierung zur Jahrtausendwende vorlag. Doch dort kann jetzt jeder Kunde den Anbieter frei wählen, unterstützt von Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24. Fernwärme ist hingegen lokal gebunden, da ein Transport von heißem Wasser über lange Strecken nicht möglich ist. Zudem besteht in vielen Fällen aufgrund technischer oder baulicher Gegebenheiten keine wirtschaftlich vertretbare Alternative zum Anschluß an ein Fernwärmenetz. Insbesondere für Mieter, die 80 Prozent der Fernwärmekunden ausmachen, gibt es keine eigenständige Wahlmöglichkeit und seitens der Hauseigentümer nur ein begrenztes Interesse an geringen Betriebskosten. Man spricht deshalb von einem Lock-in-Effekt (Einschluß-/Sperreffekt).
Hinzu kommt ein unzureichender Regulierungsrahmen. So gibt es bereits heute für Neubauten bzw. Neubaugebiete Einschränkungen der Heiztechnologie, u.a. ein Anschlußzwang an ein bestehendes Fernwärmenetz. Dieser Trend dürfte sich durch die verpflichtende kommunale Wärmeplanung bis spätestens Juni 2028 verstärken. Durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) findet eine Privilegierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung statt. Der „Systemwettbewerb“, gerade bei der Entscheidung für eine neue Heizung, wird demnach auch durch gesetzliche Vorgaben zugunsten der Fernwärmeversorger eingeschränkt, was die Monopolstellung festigt. Demgegenüber behindert das Mietrecht die Umstellung auf Fernwärme, da „die Kosten der Wärmelieferung die Betriebskosten für die bisherige Eigenversorgung mit Wärme oder Warmwasser nicht übersteigen“ darf (§ 556c BGB). Bei den wieder gefallenen Gas- und Ölpreisen wirkt dieser Passus als Verhinderung des grünen Masterplanes.
Nach Erhebung der Monopolkommission, die etwa 85 Prozent der Fernwärmekunden repräsentiert, sind die Preise angrenzender Regionen ähnlich hoch. Wobei die Preisspanne bundesweit bei Fernwärme zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter zugleich etwa sieben- bis achtmal höher ist als bei Gas bzw. Wärmepumpenstrom. Beides deutet auf einen verminderten Wettbewerb hin. Hinzu kommen Preisänderungsklauseln, die den Anbietern bei Vertragslaufzeiten von bis zu zehn Jahren das Recht auf Preiserhöhungen zugestehen, die „sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen“ müssen (§ 24 Abs. 4 Fernwärme-Verordnung). Was diese vertragliche Regelung heißen kann, spürten zahlreiche Wärmekunden infolge der stark gestiegenen Gaspreise zu Beginn des Ukrainekrieges.
Eingeschränkte Wahl zwischen verschiedenen Wärmeanbietern
Obwohl die Wärme häufig aus anderen Quellen wie etwa der Müllverbrennung stammte, zogen die Preise stark an, da die Fernwärmeunternehmen über einen Gas-Börsenpreisindex Kosten abrechnen konnten, die ihnen faktisch gar nicht entstanden waren. Zwar findet auf die Versorger das Verbot des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung Anwendung (§ 19 Abs. 1 Kartellgesetz). Doch ein Nachweis überhöhter Preise, der sogenannten Ausbeutungsmißbrauch, ist in der Praxis schwer zu erbringen, insbesondere wenn erlaubte Preisgleitklauseln angewendet werden. Lediglich mit drei Unternehmen, die 25 Fernwärmenetze betrieben, konnte das Kartellamt die Rückzahlung überhöhter Entgelte aushandeln. Von einer einseitigen Entscheidung sah es angesichts komplexer Rechts- und Tatsachenfragen ab.
Die Monopolkommission schlägt nun drei kurzfristig umsetzbare Maßnahmen für mehr Wettbewerb vor. In einem von der Bundesnetzagentur bereitgestellten Wärmenetzregister könnten Verbraucher Preise und die eingesetzten Brennstoffe bundesweit vergleichen, was die Monopolsituation jedoch kaum abmildert. Es bestände allenfalls ein Rechtfertigungsdruck bei besonders hohen Preisen. Sodann sollten die zulässigen Preisgleitklauseln weniger die Kostenentwicklung berücksichtigen, um den Effizienzdruck zu erhöhen.
Hierzu wird eine stärkere Berücksichtigung der allgemeinen Marktsituation durch Orientierung an entsprechenden Preisindizes vorgeschlagen. In Verbindung mit einer daran anknüpfenden Preisobergrenze (Price-Cap-Regulierung) könnten zumindest extrem vom Trend abweichende Preissteigerungen verhindert werden. Ob langfristig und in Ballungsgebieten eine Wahl zwischen verschiedenen Wärmeanbietern oder Ausschreibungen möglich sein werden, ist hingegen vage Zukunftsmusik. Der Masterplan (Fern-)Wärmewende wird den Wettbewerb generell mindern und in jedem Fall teuer.
Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. www.monopolkommission.de/de/gutachten
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