Die Historikerin Anna Strommenger (Uni Bielefeld) registriert in der SPD, seit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Tag der Deutschen Einheit 2017 dazu aufrief, „Heimat nicht den Nationalisten zu überlassen“, einen auffallenden Bedeutungszuwachs dieses gefühlsbeladenen Begriffs. Befeuert worden war die Debatte 2018 durch einen Appell des Ex-Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, „Heimat“ gegen „alles Starre, Konservative, Reaktionäre“ zu verteidigen, da sie weder sozial noch ethnisch, noch religiös exklusiv sei. 2019 legte dann der SPD-Vorstand mit der Forderung nach, sich den Begriff Heimat zurückzuerobern und mit Rücksicht auf die Massenmigration ein „einladendes Heimatverständnis“ zu entwickeln. Im aktuellen sozialdemokratischen Heimatdiskurs stehen sich die Vorstellungen eines schlechten nationalistischen und eines guten progressiven Heimatverständnisses gegenüber, das weitgehend abgelöst vom nationalen Raum und eng mit sozialpolitischen Forderungen verknüpft ist. So solle Heimat eine nicht-exklusive Vorstellung von gesellschaftlichem Zusammenhalt ausdrücken, was nach Beobachtungen der Politologin Gesine Schwan (Frankfurt/Oder) die schrumpfende Wählerklientel der SPD im ländlichen Raum kaum anspricht. Denn auch außerhalb der Metropolen fragen sich immer mehr durch ungebremste Zuwanderung verunsicherte Bürger, ob ihre Kommune „noch ihnen gehört, noch ihre Heimat ist“. So daß es nicht verwundere, wenn „aggressive politische Bewegungen“ Zulauf erhielten, die unter der Parole „Deutschland den Deutschen“ auf die erneute Trennung der nationalen Zugehörigkeiten pochen (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 7/8-2024). (wm)
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