© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30/24 / 19. Juli 2024

Filmkritik / Die Nadel
Deutscher Spion in England
Werner Olles

Der deutsche Spion Henrik „Henry“ Faber (Donald Sutherland) soll 1944 im Auftrag der Militärischen Abwehr herausfinden, ob die Alliierten in England Truppenverbände und Kampfflugzeuge in der Nähe von Dover stationiert haben, deren Aufgabe darin besteht, die Wehrmacht über den tatsächlichen Ausgangsort der geplanten Invasion alliierter Truppen in der Normandie zu täuschen. Faber, dessen Spitzname „Die Nadel“ lautet, weil er bevorzugt ein Stilett als Mordwaffe benutzt, entdeckt, daß mit Bomberattrappen vom Ort der späteren Landung abgelenkt werden soll und will diese Information persönlich nach Deutschland überbringen. Dazu versucht er sich nach Schottland durchzuschlagen, an dessen Küste er von einem deutschen U-Boot aufgenommen werden soll. Doch auf seinen Fersen befinden sich bereits Agenten der britischen Spionageabwehr.

Vor der schottischen Küste gerät er mit seinem Boot in Seenot und landet als Schiffbrüchiger auf einer kleinen Insel, die von dem Ehepaar David (Christopher Cazenove) und Lucy Rose (Kate Nelligan), deren Sohn und einem alten Leuchtturmwärter bewohnt ist. Da David vor mehreren Jahren bei einem Unfall beide Beine verloren hat und an schweren Depressionen leidet, läßt sich Lucy auf eine Affäre mit Faber ein, die ihrem Mann allerdings nicht verborgen bleibt. Der mißtrauische David enttarnt Faber schon bald als Spion, wird aber von ihm von einer Klippe gestürzt. Lucy erkennt in Faber den Mörder ihres Mannes, der jedoch Skrupel hat, sie ebenfalls zu töten …

Richard Marquands Spionagethriller „Die Nadel“ („Eye oft the Needle“, GB 1981) nach dem gleichnamigen Roman von Ken Follett verläßt in seinem Stil zwar nie den Duktus eines Actionfilms, nutzt jedoch durchaus geschickt Verständnis für die damalige politisch-militärische Situation kurz vor der Invasion der Alliierten. Der deutsche Agent, von Donald Sutherland, der bereits 1976 in „Der Adler ist gelandet“ einen in England eingesetzten Spion in deutschen Diensten verkörperte, auch diesmal souverän und glaubwürdig gespielt, versucht seinen Auftrag auf seine gewaltsame Weise zu erledigen, erweist sich aber auf dem ihm fremden Terrain der Situation nicht gewachsen. Die spannungsreiche Entwicklung der Handlung prägt sich vordringlich durch den ständig beschleunigenden Rhythmus der Inszenierung ein, den Marquand in richtiger Einschätzung der schmalen Story gewählt hat.


DVD/Blu-ray: Die Nadel. Plaion Pictures 2024, Laufzeit 108 Minuten