Für den Fall ihres erfolgreichen Staatsstreichs am 20. Juli 1944 hatten Claus und Berthold von Stauffenberg vier Texte vorbereitet, eine Rundfunkansprache, je einen Aufruf an das deutsche Volk und die Wehrmacht sowie eine Regierungserklärung, die das politische Programm der Verschwörer darlegte. Zusätzlich schrieben sie acht als „der Eid“ bekannt gewordene, zutiefst vom Gesellschaftsbild ihres „Meisters“ Stefan George geprägte Sätze. Dieser nur für den inneren Kreis bestimmte Text fügt sich für den Völkerrechtler Gregor Noll (Universität Göteborg) in seiner poetisch-offenen Form nicht in die Reihung funktionaler deutscher Militäreide ein. Er sei den Brüder und ihren Mitverschwörern wichtig gewesen, um ihre Verbindung zu einer „untrennbaren Gemeinschaft“ zu bekräftigen, „die durch Haltung und Tun der Neuen Ordnung dient und künftigen Führern die Kämpfer bildet, derer sie bedürfen“ (Lettre International, 145/2024). Entsprechend stehen der „Glaube an die Zukunft der Deutschen“, die „Überlieferungen unseres Volkes“, das Vertrauen auf „ein Volk, das der Erde der Heimat verwurzelt ist“ im Zentrum des „Eids“. Von den universalistischen Phrasen, mit denen Exponenten der bundesdeutschen Gedenkpolitik den 20. Juli 1944 zu vereinnahmen versuchen (Seite 7), findet sich darin nichts. (ml) www.lettre.de