© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30/24 / 19. Juli 2024

Historische Krisenlage der deutschen Parteiendemokratie
Risiken der Entzauberung

Nach den Europawahlen präsentiert Deutschland sich als tief gespalten: Im Westen Union-schwarz, in der Ex-DDR AfD-blau. Die Berliner Ampelparteien kommen bundesweit gerade noch auf 31 Prozent: Wir erleben eine zunehmende „Frikassierung“ der Parteienlandschaft, die historisches Format annehme, wenn man bedenke, daß die SPD, die älteste der Parteien, bei der EU-Wahl mit 13,9 Prozent das schlechteste gesamtstaatliche Ergebnis seit 1887 einfuhr. Für den Politologen Albrecht von Lucke bedeutet das kurz vor drei mitteldeutschen Landtagswahlen eine „historische Krisenlage“, die der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz mit „absurden Koalitionsverboten“ gegenüber der Linkspartei und der Brandmauer gegen die AfD verstetige (Blätter für deutsche und internationale Politik, 7/>2024). Deswegen mehrten sich in der Union und in den Medien Stimmen, diese Strategie aufzugeben, die Brandmauer einzureißen und die AfD mit Regierungsverantwortung zu „entzaubern“. Österreichs Parteiengeschichte lehre allerdings, daß die FPÖ, seit sie 2000 als Juniorpartner erstmals mitregierte, nicht „entdämonisiert, sondern normalisiert“ worden sei.  Man sollte sich auch an die erste Regierungsbeteiligung der NSDAP 1930 erinnern. Damals begann das 1933 endende „Elend der ‘Entzauberung’“ in Thüringen. (ob)   www.blaetter.de