Noch eine solche Wahl und die EU ist verloren. Nichtsdestotrotz bestätigte das Europaparlament mit überraschend großer Mehrheit die von den EU-Regierungschefs benannte alte und neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Eine erneute Auflage der Allparteienkoalition aus Grünen, Sozialisten (SPE), Linksliberalen (Renew) und Christdemokraten (EVP) bis zu Teilen von Italiens Regierungschefin Giorgia Melonis Fratelli d’Italia (Teil der rechten EKR) stützt sie. Nein-Stimmen erhielt sie von der kommunistischen Linken sowie den drei Rechtsfraktionen EKR, den neuen Patrioten für Europa und den Souveränisten um die AfD. Auch Macronisten, FDP, französische Republikaner und irische Linke (wegen der Israelpolitik) gaben an, sie abgelehnt zu haben. Pikanterweise war von der Leyen am Vortag vom EU-Gerichtshof wegen der „Intransparenz“ ihrer 34-Milliarden-Euro-Bestellung von Covid-Impfdosen bei Pfizer scharf gerügt worden. Die Parlamentsmehrheit beeindruckte dies wenig.
Auch in ihrer Wahlrede blieb von der Leyen wie gewohnt vage und zugleich pathetisch. Sie gab jedem, was er hören wollte. Ein milliardenschwerer „Clean Industrial Deal“ für die Transformation energieintensiver Fertigungen, ein Kommissar, der sich um das Mittelmeer kümmern soll (wohl ein Trostpflaster für Meloni), sowie ein neuerlicher Umbau des EU-Haushaltes zugunsten der Netto-Empfängerländer des Südens und Ostens. Und so sammelt sie weiter Macht und Kompetenzen.