© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 31-32/24 / 26. Juli 2024

„Deal mit Linksradikalen“
Antifa Area: In Leipzigs Stadtteil Connewitz haben Extremisten rechtsfreie Räume geschaffen
Hinrich Rohbohm

Es wirkt wie das Ende der zivilisierten Welt. Wie bei einem Grenzübertritt in ein totalitäres Land kündigt sich das Bermuda-Dreieck von Leipzig-Connewitz an, in dem Sicherheit und Rechtsstaat bereits seit Jahrzehnten verschollen sind. Farb- und Graffitischmiererein auf Treppen und Geländern am S-Bahnhof, der Eingangspforte in eine der berüchtigtsten deutschen Antifa Areas, die sich in einem geographischen Dreieck zwischen Bornaischer Straße, Prinz-Eugen-Straße und Wolgang-Heinze-Straße befindet. Ihre drei Eckpunkte bilden sich aus dem Kulturzentrum Conne Island, dem Connewitzer Kreuz und dem erwähnten S-Bahnhof.

Entstanden ist das Ganze aus der Hausbesetzer-Szene. Und  seit Jahrzehnten kommt es hier immer wieder zu Straßenschlachten zwischen der Polizei und linksextremen Gewalttätern der Antifa. Es ist eine Zone, in der die Farb- und Graffiti-Schmierereien zur Regel gehören statt zur Ausnahme. In der noch immer Punker mit gefärbten Haaren und Irokesen-Frisuren das Bild auf den Straßen prägen. Und in der die Speisen in den Restaurants zumeist mit dem Hinweis „vegan“ versehen sind.

Eine Gegend, in der Polizei nicht gern gesehen ist und in der Beamte bei Erscheinen sich darauf einstellen können, bestenfalls beschimpft, im schlechtesten Fall angegriffen zu werden. Botschaften wie „No Cops“ und die für „All cops are bastards“ stehende Abkürzung ACAB sind hier immer wieder an Hauswänden zu lesen. Und obwohl Polizei und zumindest Teile der Politik immer  wieder den rechtsfreien Raum in Connewitz kritisieren, ändert sich an den Zuständen nichts. 

Warum ist das so? Warum schafft es der Staat hier nicht, Recht und Gesetz durchzusetzen? Schon der Frage vor Ort nachzugehen gestaltet sich schwierig. „Warum willst du das überhaupt alles wissen? Biste von den Bullen oder was?“, lautet sofort die mit Argwohn gespickte Gegenfrage einer von der JUNGEN FREIHEIT inkognito befragten Punkfrau. Andere Leute innerhalb des Bermuda-Dreiecks reagieren kaum freundlicher. „Verpiß dich“, „hau ab“ , lauten einige der Antworten, verbunden mit grimmigen Blicken. 

Doch selbst in Connewitz gibt es Menschen, die mit der Entwicklung ihres Stadtteils alles andere als einverstanden sind. Einer von ihnen ist der Ladenbesitzer Rainer Schuster. So jedenfalls wird die JF ihn bezeichnen. Seinen wirklichen Namen und den Namen seines Geschäfts will er lieber nicht nennen. „Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin wirklich kein Feigling. Aber wenn die hier mitbekommen, daß ich es bin, der öffentlich erzählt, wie Schläger und politische Kriminelle hier ihr Unwesen treiben, hauen die mir den Laden kaputt.“ 

Daß er kein Feigling ist, hatte Schuster in der Vergangenheit bereits oft genug bewiesen. „Seit mehr als 25 Jahren wehre ich mich gegen diese Leute. Wir hatten zusammen mit anderen Gewerbetreibenden sogar einen Bürgerverein ins Leben gerufen, um uns gegen das hier herrschende Unrecht besser zu organisieren.“ Sie hatten einen Brandbrief an den Oberbürgermeister geschrieben, Stadträte, Landtags- und Bundestagsabgeordnete angesprochen. Genützt habe das alles wenig. „Diese Leute werden von einflußreichen Stellen und Personen aus dem linken Spektrum der Politik gedeckt und erhalten außerdem ein hohes Maß an juristischer und finanzieller Unterstützung“, erläutert der Geschäftsmann. Das jedenfalls sei seine Erfahrung und die anderer Connewitzer während der Auseinandersetzungen mit der Antifa-Szene gewesen.

Die hat einen zentralen Anlaufpunkt: das sogenannte Kulturzentrum Conne Island, ein im 19. Jahrhundert errichtetes ehemaliges Ausflugslokal, das während der Zeit der NS-Diktatur ironischerweise als Gruppenheim für die Hitlerjugend fungierte. Unter dem SED-Regime der DDR diente es deren Jugendorganisation FDJ als Jugendclub.  Nach der Einheit nahmen Hausbesetzer das Gebäude illegal in Beschlag und drohten: „Kommt ein Teil der Kultur nicht in unsere Hand, setzen wir die Stadt in Brand.“

Die Stadt gab der Drohung nach, überließ das Gebäude dem von Linksradikalen gegründeten Träger „Projekt Verein e.V.“, der auch heute als Betreiber des sogenannten Kulturzentrums fungiert. „Seitdem hatte man einen Rückzugsort für Straftäter aus der Antifa-Szene geschaffen“, sagt Schuster verbittert. Aktuell etwa für die berüchtigte „Hammerbande“ rund um die wegen Gewaltstraftaten zu mehreren Jahren Haft verurteilte Lina Engel und deren untergetauchten Verlobten Johann Guntermann, die in Leipzig ihren Schwerpunkt hat.

„Mir ist erst nach Jahren klargeworden, daß die Stadt offenbar so eine Art stillschweigenden Deal mit den Linksradikalen hat“, resümiert Schuster. Demnach ließen Politik und Verwaltung die Antifa in ihrem Kiez weitestgehend unbehelligt, würden sie – wie im Falle des Kulturzentrums Conne Island – sogar finanziell bezuschussen. Im Gegenzug hielten sich dafür die Ausschreitungen in einem gewissen Rahmen. „Da brennen dann mal zu bestimmten Anlässen in Connewitz die Straßen, aber die Krawalle weiten sich in der Regel nicht aus, solange die Stadt Projekte wie Conne Island und andere hier im Kiez politisch und finanziell am Leben hält.“ Immer verbunden mit der nach wie vor seit Anfang der neunziger Jahre geltenden Drohung, daß die Stadt brenne, sollten es sich die politisch Verantwortlichen einmal anders überlegen. 

„Wenn den Linken irgendwas nicht paßt, setzen sie mit Zerstörungen jeglicher Art eine unmißverständliche Botschaft“, berichtet der Ladeninhaber. Politik und Verwaltung würden daher „eine eiskalte Kalkulation“ aufmachen. „Sie sagen sich, daß der finanzielle Schaden für die Stadt weitaus höher ausfallen wird, würde man gegen linksradikale Straftäter in Connewitz entschiedener vorgehen und auch ihre Zuschüsse streichen.“ Aus diesem Grund mache er sich schon lange keine Illusionen mehr. „Die Stadt wird den rechtsfreien Raum im Bermuda-Dreieck beibehalten, auch wenn sie das offiziell so natürlich nie sagen wird.“

„Einige haben deswegen 

ihre Zelte hier abgebrochen“

2023 erhielt das Conne Island von der Stadt eine jährliche Zuwendung in Höhe von fürstlichen 250.000 Euro. Weitere Unterstützung kommt durch den Bundesverband Soziokultur, der über seine 15 Landesverbände knapp 800 linke Kulturzentren in Deutschland unterstützt und als eine Art Lobbygruppe für derartige „Projekte“ fungiert. So wirbt er in der Politik für Förderung und Ausbau weiterer linker Einrichtungen. Aus dem Topf der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erhält er dafür Mittel in Höhe von ebenfalls 250.000 Euro jährlich. Ein günstiger Umstand für den Verband: Die Beauftragten-Stelle ist derzeit von der Grünen-Politikerin Claudia Roth besetzt.

Der für das Conne Island zuständige Soziokultur-Landesverband Sachsen wiederum zählt eine Reihe weiterer Institutionen zu seinen Förderern. Darunter neben anderen die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt, das sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Kulturstiftung des Freistaats Sachsen, das Herbert-Wehner-Bildungswerk oder das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement. 

„Einige Gewerbetreibende haben längst Konsequenzen gezogen und ihre Zelte in Connewitz abgebrochen“, schildert Schuster. Und diejenigen, die geblieben seien, würden nur noch versuchen, mit den Leuten einigermaßen auszukommen, um mit ihrem Geschäft zu überleben. Das gelte mittlerweile auch für ihn. „Wenigstens noch ein paar Jahre. Bis zum Ruhestand.“


Lesen Sie in der kommenden Ausgabe Teil 5 dieser Reportage: Über die weitverzweigten Verbindungen der Antifa in Berlin-Kreuzberg und deren zentrale Bedeutung für die linksradikale Szene.


Fotos: Szene-Treff „Conne Island“ in Leipzig: Hohe Zuschüsse aus dem Haushalt der Stadt,Vermummte bewerfen im Leipziger Stadtteil Connewitz Polizisten mit Steinen: „Verpiß dich“