In der veröffentlichten Meinung ist die Asylkrise derzeit kein großes Thema. Doch ein Beispiel aus einer kleinen Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern zeigt, daß vor Ort die Probleme immer größer werden. Dabel, so heißt diese Ortschaft im Nordosten des Landkreises Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern, hat derzeit rund 1.400 Einwohner. Einige von ihnen stammen aus Syrien.
Das ist wichtig, um die derzeitige Diskussion zu verstehen. Denn während der großen Flüchtlingskrise 2015 nahm das Dorf rund 60 Menschen aus dem arabischen Land auf. Bürgermeister Jörg Neumann betont diesen Fakt derzeit besonders häufig, um den Eindruck zu widerlegen, in seiner Gemeinde wimmele es von Fremdenfeinden und Rassisten. Denn die Verwaltung des zuständigen Landkreises hat ohne Einverständnis der Gemeinde beschlossen, daß eine ehemalige Kaserne zu einer Asylunterkunft für bis zu 500 Personen umgebaut werden soll. „Wir sind nicht gegen Flüchtlinge per se, sondern gegen den Mechanismus, daß es da einfach eine Zuteilung gibt und daß da 500 Menschen kaserniert werden sollen“, sagt Neumann. In der Gemeinde und drumherum wird die Stimmung zunehmend hitzig. Es gab mehrere Demonstrationen gegen die geplante Unterkunft. Anfang Juni wurde auf das Haus einer jungen Familie, die die Proteste mit organisiert hatte, ein Brandanschlag verübt. Es kam zu einem Sachschaden von bis zu 150.000 Euro.
Landrat Stefan Sternberg (SPD) hatte zuvor versucht, die Bedenken der Bevölkerung zu zerstreuen. Die geplante Unterkunft werde nach einem „Dorf im Dorf“-Prinzip gebaut. In der Unterkunft soll es dann eine Einkaufsmöglichkeit, Ärzte, Kinderbetreuung und mehr geben. Dieses Konzept habe früher auch funktioniert, als das Areal noch als Kaserne benutzt wurde. Kritiker weisen darauf hin, daß Teile des Geländes seit Jahren als Industriegebiet genutzt werden. Bürgermeister Neumann fürchtet unterdessen eine Spaltung der Dorfgemeinschaft. Das Ehepaar, das die Proteste organisiert hat, habe angekündigt, sich ins Privatleben zurückzuziehen. Andere aus der Gemeinde halten die Kritik für zu pauschal. Sie stören sich eher daran, daß der Landrat die Entscheidung über ihre Köpfe hinweg getroffen habe. Diese Initiative hat derzeit rund 500 Unterschriften gesammelt und fordert, nach Alternativlösungen zu suchen.
Die Situation erinnert fatal an die Ereignisse, die sich vor rund einem Jahr in Upahl (Landkreis Nordwestmecklenburg) zugetragen haben. Das kleine Dorf im Westen des Landes war bundesweit in die Schlagzeilen geraten, weil sich große Teile der Bevölkerung gegen den Bau einer Asylunterkunft zur Wehr setzten. Im vergangenen Herbst wurde schließlich ein Kompromiß gefunden. Statt der ursprünglich angepeilten 500 Flüchtlinge kamen lediglich 250. Und der Betrieb der Anlage sollte auf ein Jahr befristet sein.
Doch davon ist plötzlich keine Rede mehr. Im Juni teilte der Landkreis mit, das Containerdorf müsse länger genutzt werden. Nun gehen die Proteste von neuem los. In der vergangenen Woche fand eine Demo unter dem Motto „Upahl – belogen und betrogen“ statt.