Ich bin beruflich in Frankfurt und hatte einen guten Tag. Jetzt habe ich Zeit. Neugier und meine lebenslange Abenteuerlust packen mich mal wieder. Vom schönen Palmengarten spaziere ich Richtung Hauptbahnhof. Bald wird es dämmern. Für eine Weile bleibt das Umfeld unauffällig, aber plötzlich ändert sich die Umgebung. Ein letztes Lokal, an dem ich vorübergehe, gehört noch zu dieser Welt. Ich sehe fröhliche Menschen, die vor ihren Spaghetti- oder Lasagnetellern sitzen, mit ihren Wein- oder Weizengläsern.
Schlagartig komme ich in eine Zombiewelt. Ich gehe durch Arkaden. Dort stehen oder sitzen Männer, die normalen Fußgänger sind plötzlich verschwunden. Es sind Schwarze, die hier die Szene beherrschen. Ich werde gemustert und falle auf, nett sind die Blicke nicht. Ich werde immer wieder unauffällig angesprochen. Jemand steckt Geldscheine ein. Man sieht auf einem Klapptischchen portionierte Ware, ganz offen.
Jetzt bin ich in einem anderen Revier, in dem junge, breite und selbstbewußte Männer dominieren.
Ich bin ein Greenhorn, alles ist mir fremd an diesem Handel, an jener Welt. Ich werfe Blicke in undefinierbare Geschäfte, alles stößt mich hier ab. Wer angegriffen würde, wäre wohl verloren. Hier gelten andere Gesetze. Wo ist die Polizei, wo ist das Ordnungsamt, nichts so weit man schauen kann. Kampfsporterfahrung strahlt etwas aus, so sagt man, aber ausschließlich verlassen darauf möchte ich mich nicht heute.
Nun nähere ich mich dem Bahnhof. Endlich sehe ich wieder Bio-Deutsche. Schmuddelige Gestalten sitzen auf dem Bürgersteig, die leeren Flaschen sind umgekippt, die vollen stehen noch. Flecken und Lachen von undefinierbaren Flüssigkeiten neben der Gruppe. Andere taumeln durch die Gegend. Reste von Spritzen liegen an der Fahrbahn. Eine junge Frau torkelt an mir vorbei, übersät von Furunkeln im Gesicht, sie wiegt vielleicht 40 Kilo.
Dann bin ich in einem neuen Revier. Ich tippe auf Südosteuropäer, jung, breitschultrig, sehr selbstbewußt, sicher kampf-erprobt. Niemand wagt, sie länger anzusehen. Direkt vor dem Bahnhofseingang stehen drei Sicherheitsleute, sie sind völlig abgekoppelt von dem Geschehen. Ich muß durch eine Gruppe von Taxifahrern, komme kaum vorbei. Als sie mich sehen, lachen sie, machen mir Platz.
Wenn man anfängt, seinem Paßbild ähnlich zu sehen, sollte man Urlaub machen.
Ephraim Kishon, israelischer Autor(1924–2005)