© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/24 / 09. August 2024

„Schmeißt endlich die Leute da raus!“
Antifa Area: Die linksextremen Hausbesetzer im Berliner Bezirk Friedrichshain nerven sogar ihre „woken“ Nachbarn
Hinrich Rohbohm

Sie gilt als die bundesweit umkämpfteste Immobilie der linksextremen Szene. Das Haus Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain ist für die Antifa zum Symbol­objekt ihres Widerstands gegen Polizei und System geworden. In nahezu jeder Antifa Area deutscher Großstädte hängen Plakate oder Aufkleber, die zur „Verteidigung“ der Rigaer 94 aufrufen.

Nicht ohne Grund. Denn die Immobilie gilt mit der darin befindlichen Kneipe „Kadterschmiede“ als zentraler Treffpunkt der gewaltbereiten linksextremen Szene in Berlin. Wie die meisten Zentren der Antifa ist auch Rigaer 94 aus illegalen Hausbesetzungen unmittelbar nach der deutschen Einheit entstanden (JF 26/21). Es ist der Beginn eines Katz-und-Maus-Spiels zwischen Besetzern und Behörden, bei denen auf Räumungen zumeist erneute Besetzungen folgen.

Seit 2014 sind die Eigentumsverhältnisse undurchsichtig. Damals hatte der vorherige Eigentümer Suitbert Beulker den gut 30 Wohnungen umfassenden Gebäudekomplex zu einem Spottpreis von 1,2 Millionen Euro an einen anonymen Investor verkauft, nachdem er von den Hausbesetzern mehrfach bedroht und angegriffen worden war. „Für eine Immobilie in dieser Lage ist das fast ein Geschenk, meint ein Anwohner, als sich die JUNGE FREIHEIT undercover recherchierend über die Zustände in der Rigaer 94 erkundigt. „Insgeheim hofft man ja, daß die da endlich rausfliegen, damit wir wieder halbwegs normal leben können“, verrät der Mann. „Die Leute hier sind zwar gegen eine Gentrifizierung, aber die Zustände, wie sie hier rund um Rigaer 94 vorherrschen, wollen sie eigentlich nicht.“

Grüne Kommunalpolitiker  beschwichtigen und verzögern

Die ständigen Scharmützel mit der Polizei, der Lärm, die „ganzen Typen, die hier nachts die Haus­eingänge verdrecken“, davon hätten nicht wenige Anwohner „längst die Schnauze voll.“ Man sei „müde“ geworden von all den Eskalationen. „Viele wollen hier einfach nur ein normales Leben führen“, ist der Mann aus der Nachbarschaft überzeugt. Das aber sei mit der Präsenz eines linksextremen Zentrums kaum zu machen. Mehrfach schon hätten gemäßigtere Linke versucht, den Hausbesetzern eine „Brücke zu bauen“, etwa einen Trägerverein zu gründen. Vergeblich. Die anonymen Besitzverhältnisse würden „denen sogar in die Karten spielen. Mit wem sollen Gerichte denn verhandeln, wenn eine Seite der Streitparteien gar keinen Ansprechpartner hat?“ bringt der Anwohner das Problem auf den Punkt. 

Wohl auch aufgrund der Erfahrungen des vorherigen Eigentümers verbirgt sich der Neue seit dem Kauf der Immobilie im Jahr 2014 hinter einer Briefkastenfirma mit dem Namen Lafone Investments Limited. Ein Unternehmen mit wenig vertrauenerweckenden Adressen auf der Kanalinsel Guernsey sowie den Britischen Jungferninseln in der Karibik. Ein als Strohmann fungierender britischer Treuhänder von Lafone hatte 2016 verraten, daß die Spur zum Eigentümer über die Berliner Firma Centurius Immobilien Handels GmbH führe. 

Deren Geschäftsführer wiederum ist der in Berlin geborene ukrainische Kaufmann Leonid Medved, Inhaber diverser Berliner Spielhallen und Sonnenstudios. Mittlerweile gilt es als offenes Geheimnis, daß es sich bei ihm um den wirklichen Eigentümer der Rigaer 94 handelt. Das Problem: Solange Lafone vor Gericht keinen Ansprechpartner benennen kann, sind sämtliche Räumungsklagen gegen die Besetzer hinfällig. Für die Linksradikalen ein durchaus komfortabler Umstand. 

Welche einflußreichen Kreise hinter ihnen stehen, wird schon beim Blick auf ihren Anwalt deutlich. Kein Geringerer als der Geschäftsführer des einflußreichen Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) Lukas Theune persönlich steht ihnen als Verteidiger vor Gericht zur Seite. Theune vertritt Mandanten wie etwa die radikale Klima-Gruppierung „Letzte Generation“ oder die jahrzehntelang untergetauchte und im Februar dieses Jahres in Berlin-Kreuzberg gefaßte Ex-RAF-Terroristin ­Daniela Klette. Der RAV selbst war 1979 von den späteren Grünen-Funktionären und RAF-Sympathisanten Rupert von Plottnitz und Hans-Christian Ströbele gegründet worden. Beide waren auch als Verteidiger von RAF-Terroristen tätig. Von ­Plottnitz bekleidete in den neunziger Jahren das Amt des hessischen Justizministers.

Zu den Gründungsmitgliedern des RAV gehörten einflußreiche Größen wie der spätere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) oder der spätere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD, zuvor Grüne). Sogar der aktuelle Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zählt noch heute zu den Mitgliedern des Vereins. Auch die Besetzer sind in einem Verein organisiert. Er nennt sich mit Bezug zum Namen der dortigen Szene-Kneipe „Freunde der Kadterschmiede – Kultur im Kiez e.V.“ Laut Vereinsregister ist dort Luisa Beryl Bömer als verantwortlicher Vorstand benannt. Die heute 35jährige studierte Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, war dort unter anderem als Kulturreferentin des AStA tätig. Darüber hinaus arbeitete sie in der Berliner Geschäftsstelle der Landes-ASten-Konferenz (LAK). Zudem ist sie als Autorin für das von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) herausgegebene Magazin Antifa tätig. Ein Magazin, für das noch 2021 auch die heutige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Gastautorin geschrieben hatte. 

In Friedrichshain-Kreuzberg waren es vor allem die langjährige Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und ihr Baustadtrat Florian Schmidt (beide Grüne), die mit Beschwichtigungen, Deeskalationsvorschlägen und Verfahrensverzögerungen den Besetzern der Rigaer 94 immer wieder den Rücken freigehalten hatten. Schmidt ist der Sohn des ehemaligen KPD-AO-Funktionärs und späteren Redakteurs des Evangelischen Pressedienstes (epd), Hartmut Schmidt, sowie Neffe des einstigen AStA-Vorsitzenden der FU Berlin, langjährigen Hamburger Grünen-Bürgerschaftsabgeordneten und Hamburger Verfassungsrichters Martin Schmidt und ein Cousin des Bundesrichters Andreas ­Grube. Verbindungen, die stark an den Graichen-Clan in Robert Habecks Bundeswirtschaftsministerium erinnern.

Neben den personellen Vernetzungen zu einflußreichen Polit-Größen ist auch die organisatorische Vernetzung der Besetzer von Bedeutung. Vor allem der ebenfalls im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ansässige Mehringhof spielt eine zentrale Rolle. Über den Verein „Assoziation A“ beherbergt er auf seinem Terrain in der Gneisenaustraße 2a den Internetauftritt „Berlin Besetzt“, wo ähnlich einem Schlachtfeld jene Häuser in Berlin kartographiert sind, die von linksradikalen Gruppen besetzt oder geräumt wurden. Doch nicht nur das. Vielmehr fungiert der Mehringhof als eine Art bundesweites Aktionszentrum der linksradikalen Szene. Beihilfe zum Einschleusen illegaler Migranten wird von hier aus ebenso koordiniert wie Sabotageaktionen selbsternannter Klimaschützer. Hier werden die Leitfäden für Aktionstrainings linksradikaler Gruppen erstellt. Und hier befindet sich die Denkfabrik der gewaltbereiten Antifa.

Das Antifaschistische Infoblatt hat hier ebenso seinen Sitz wie die immer wieder mal im Visier des Bundeskriminalamts stehende Buchhandlung Schwarze Risse. Auch die linksextreme Rote Hilfe und die Forschungsgesellschaft Flucht und Migration haben hier ihr Domizil. Letztere spielt über ihre Partner Alarmphone, Borderline Europe, Solidarity City oder Moving Europe eine maßgebliche Rolle beim Einschleusen illegaler Migranten von Afrika nach Europa. Als Verantwortlicher der Forschungsgesellschaft fungiert dort mittlerweile Hagen Kopp, ein sogenannter Aktivist der im niedersächsischen Verden beheimateten Bewegungsstiftung, die mit ihrem Geld zahlreiche linksradikale Projekte finanziert. 

Projekte, die dem Anwohner in Nähe der Rigaer 94, mit dem die junge freiheit inkognito sprechen kann, willkommen sind. „Das ist für mich alles in Ordnung, nur schmeißt endlich die Leute aus diesem Gebäude da raus.“ Die letzten Worte sagt er mit deutlich gedämpfter Stimme in Richtung Rigaer 94. Öffentlich würde auch er sie wohl niemals äußern.


Lesen Sie in der kommenden Ausgabe Teil 6 dieser Reportage: Über die Infrastruktur der Antifa in ihrer Hochburg Göttingen