© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/24 / 09. August 2024

Till Lindemann zeigt den „Spiegel“ an

HAMBURG/BERLIN. Rammstein-Sänger Till Lindemann wird Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Spiegel „wegen Urkundenfälschung und versuchten Prozeßbetrugs“ erstatten. Das hat sein Rechtsanwalt Simon Bergmann von der prominenten Berliner Kanzlei Schertz Bergmann vergangene Woche bekanntgegeben. In einer juristischen Auseinandersetzung ging es um die Berichterstattung des Spiegel vom Juni vergangenen Jahres, in der die Zeitschrift behauptete, Lindemann würde weibliche Fans mit K.‑o.-Tropfen für sexuelle Handlungen gefügig machen. Das darf das Magazin schon seit einem Jahr nicht mehr behaupten, wie am 19. Juli das Hanseatische Oberlandesgericht im Berufungsverfahren erneut bestätigte. Zum Beweis seiner Vorwürfe hatte der Spiegel schon vor mehr als einem Jahr zwei eidesstattliche Versicherungen angeblicher Opfer vorgelegt. Dabei handelt es sich um die Frauen, die die Reporter in der Titelgeschichte „Zoe“ und „Sophie W.“ nannten. Rechtsanwalt Bergmann teilte nun mit, in der Berufungsverhandlung „mußte der Spiegel einräumen, daß die ursprünglich eingereichten eidesstattlichen Versicherungen nicht von ‘Zoe’ und ‘Sophie W.’ stammten“. Bergmann hatte schon im Juli vergangenen Jahres „Ungereimtheiten“ gerügt: „Die eidesstattliche Versicherung von ‘Zoe’ wies die Besonderheit auf, daß sie auf der vorletzten Seite mit einem Satz begann, der auf der nächstfolgenden Seite nicht fortgesetzt wurde.“ Dort habe sich nur noch die Unterschrift der Zeugin befunden, „so daß davon ausgegangen werden mußte, daß einzelne Seiten der eidesstattlichen Versicherung entfernt bzw. ausgetauscht wurden“, so Bergmann. Das heißt: In der mehr als ein Jahr dauernden Auseinandersetzung mußten sich die Gerichte mit Beweisen beschäftigen, die sich nun als falsch herausstellten. Statt dessen reichte der Spiegel im Berufungsverfahren „zwei bislang unbekannte eidesstattliche Versicherungen“ – wieder von „Zoe“ und „Sophie W.“ – ein. Diese weichen, so Bergmann, „nicht unerheblich“ von der ersten Fassung ab. Laut dem Lindemann-Anwalt redete sich der Spiegel damit heraus, daß „aufgrund eines Versehens des eigenen Prozeßbevollmächtigten und seines Sekretariats“ bei Einreichung der eidesstattlichen Versicherungen „verschiedene Fassungen miteinander vertauscht worden“ seien. Besonders schwerwiegend ist der Fall, weil der Spiegel laut Bergmann „im Verfahren wie auch verfahrensbegleitend seine Berichterstattung immer wieder mit dem Argument verteidigt hat, eidesstattlichen Versicherungen käme aufgrund der Strafbewehrung ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zu“. In Aussage-gegen-Aussage-Fällen „müßten sie ausreichen, um eine Verdachtsberichterstattung zu rechtfertigen“. Der Lindemann-Anwalt sagt: „Soweit nun feststeht, daß zwei eidesstattliche Versicherungen tatsächlich nicht so abgegeben wurden wie eingereicht, ist dies ein Vorgang, der von den Strafverfolgungsbehörden aufgeklärt werden muß.“ (fh)