© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/24 / 09. August 2024

Frisch gepreßt

Feministische Mutter. Als sie entdeckt habe, daß sie als bekennende Feministin einen Sohn gebären werde, schreibt die Journalistin Shila Behjat, sei ihr erster Gedanke gewesen, er solle „bloß kein Arschloch“ werden. Mindestens. Eigentlich sei der Feminismus, so wie sie ihn gelernt habe, ja durchaus darauf aus, „das Ende des Mannes“ einzuleiten, „auf jeden Fall des weißen Mannes“. Nun bringt sie aber selbst Männer auf die Welt. Auf den ersten Sohn folgt ein zweiter, „auch noch blond (…), mit heller Haut“. Sanftmütig und lieb sei ihr erster Sohn, schreibt Behjat, etwas rabaukiger der Jüngere. Eigentlich erhoffe sie sich, daß „die künftigen Männer empathisch und einfühlsam“ werden, doch schnell wird ihr klar, daß die Sanftheit ihres Erstgeborenen in erster Linie ein Nachteil ist. Also wünscht sie ihm „Killerinstinkte“ und erschrickt vor ihrem eigenen Wunsch. Damit ist der Grundkonflikt des Buches auf den ersten Seiten ausbuchstabiert. Die Feministin möchte ihre Söhne nicht zu „jenen Männern“ erziehen, die sie ablehnt. Als Mutter wünscht sie ihnen allerdings eine erfolgreiche Zukunft. Die dabei entstehenden Zweifel und Widersprüche werden von Behjat durchaus offen thematisiert, überschreiten aber nie eine gewisse Grenze. Daß sich ihre Ideale zuweilen mit der Wirklichkeit beißen, ist ihr bewußt – doch ist für die Ideologin daran im Zweifelsfall die Wirklichkeit schuld. (lb) 

Shila Behjat: Söhne großziehen als Feministin. Ein Streit­gespräch mit mir selbst. Carl Hanser Verlag, München 2024, gebunden, 193 Seiten, 23 Euro



Demokratiekrise. Unsere Demokratie steht womöglich bald vor dem Kollaps. Um diese These dreht sich das Buch des Autors Ferdinand Bitz, der dreißig Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen in der Verwaltung des Bundestags gearbeitet hat.Darüber hinaus leitete er den Planungsstab von Ex-Bundespräsident Horst Köhler. Bitz untersucht in seiner Schrift zum einen die Funktions- und Leistungsfähigkeit der demokratischen Institutionen und Verfahren. Zum anderen nimmt er das Wirtschafts- und Bildungssystem in den Fokus und analysiert, welche Auswirkungen der technische Fortschritt auf die demokratische Gesellschaft hat. Ein weiteres Kapitel widmet er der Postmoderne, die er als Gegenprogramm zur Aufklärung begreift und sie deshalb verantwortlich macht für die Erosion von Vernunft und Wahrheit. Am Ende steht die Frage, wie die Demokratie angesichts der Gefahren durch populistische und moralistische Strömungen überleben kann. Zwei Prinzipien hält der Autor für entscheidend: „Den unerschütterlichen Glauben an die Kraft der Vernunft und die unstillbare Sehnsucht nach Freiheit.“ (kuk)


Ferdinand Bitz: Demokratie im Burnout. Lau-Verlag, Reinbek 2024, broschiert, 408 Seiten, 28 Euro