Auch die 400 Jobcenter in Deutschland stehen wegen der Haushaltsplanung der Bundesregierung vor großen Herausforderungen. „Um alle Menschen im Bürgergeldbezug weiterhin angemessen zu beraten und in Arbeit zu integrieren, sind ausreichend finanzielle Ressourcen notwendig“, teilt die Agentur für Arbeit auf ihrer Website mit.
Ein Fall aus Mecklenburg-Vorpommern zeigt, daß die Nerven in den Sozialämtern inzwischen blank liegen. In einem Brief, der der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, wandte sich unlängst ein Mitarbeiter des Jobcenters Vorpommern Greifswald hilfesuchend an mehrere Bundestagsabgeordnete. Er wisse, daß es ungewöhnlich sei, sich als für die Grundsicherung zuständiger Mitarbeiter direkt an das Parlament zu wenden, heißt es in dem Schreiben. Doch er wolle den Brief durchaus als SOS-Signal verstanden wissen.
Hilferuf: „Die Haushaltsplanung nimmt uns die Luft zum Atmen“
Schnell kommt er zu Sache: „Die aktuellen Entwicklungen bei den Planungen für den Bundeshaushalt 2025“ ließen den Verantwortlichen vor Ort „leider keine andere Wahl“. Das Gesamtbudget für die Behörde sinke nach derzeitigem Planungsstand von 37,8 Millionen auf 32,4 Millionen Euro. Die Zahlen hätten für eine erhebliche Verunsicherung innerhalb der Belegschaft gesorgt. Schon im laufenden Jahr habe die Behörde in Eigenverantwortung finanzielle Umschichtungen vornehmen müssen, um über die Runden zu kommen.
2025 sei wegen anstehender Tarifrunden mit steigenden Kosten zu rechnen. Hinzu kämen wachsende Mietenpreise sowie die Wasser- und Stromrechnung. Ein bisschen Zahlenschieberei sei zwar immer noch möglich, aber es sei absehbar, daß für das „Neugeschäft“ nur noch ein Fünftel der bisherigen Summe zur Verfügung stehe. Andere Jobcenter seien zu solchen Tricks schon nicht mehr in der Lage. „Was das für eine in weiten Teilen der Gesellschaft und unseres Erachtens auch zu Recht geforderte aktivierende Arbeitsmarktpolitik bedeutet, können Sie sich sicherlich vorstellen.“ Für viele der seit der Bürgergeldreform existierenden Fördermöglichkeiten könne das das Aus bedeuten. Dadurch sei nicht zuletzt die Existenz der mit dem Jobcenter kooperierenden Träger in Gefahr.
Am Ende drohe „eine noch nie dagewesene Absenkung“ der finanziellen Mittel – Stellenstreichungen stehen am Horizont. Der Brief bezieht sich auf Erfahrungen in Bremen, wo Arbeitsplätze aus finanziellen Gründen nicht neu besetzt werden konnten. Wenn sich die Situation weiter verschärfe, bestehe das Risiko, „die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen zu riskieren“. Damit sei niemandem geholfen.
Die bisherigen Kürzungen habe man schon an die Träger kommuniziert. Der Frust darüber entlade sich vor Ort bei den Mitarbeitern. Dabei könnten diese am wenigsten dafür. „Es ist Haushaltsplanung, die den Jobcentern buchstäblich die Luft zum Atmen nimmt.“
Für den sozialpolitischen Sprecher der AfD im Bundestag, René Springer, ist dieser Hilferuf auch ein Armutszeugnis für die Ampel. Lange habe man die Jobcenter mit Aufgaben überhäuft. „Jetzt läßt man sie mit dem in Berlin verzapften Haushaltschaos endgültig allein im Regen stehen“, so Springer der JUNGEN FREIHEIT gegenüber.