© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/24 / 16. August 2024

Wenn der Kleber leer ist
„Letzte Generation“: Während die Klimaradikalen in Österreich ihre Auflösung bekanntgeben, starten sie in Deutschland neue Aktionen
Christian Schreiber

Bilder aus verschiedenen Welten: Während die „Letzte Generation“ in Österreich ihre Selbstauflösung bekanntgibt, wird in der Bundesrepublik munter weiterdemonstriert. Mit einer Mischung aus Pathos und Weinerlichkeit verabschiedeteAn sich die Klimakleber in der Alpenrepublik von der politischen Bühne.

Unter der Überschrift „Ende der Proteste“ wandte sich die „Letzte Generation“ anklagend an „alle Menschen“ in Österreich. „Wir sehen ein, daß Österreich weiter in fossiler Ignoranz bleiben will und damit in Kauf nimmt, für den Tod von Milliarden von Menschen mitverantwortlich zu sein. Die Gesellschaft hat versagt. Uns macht das unendlich traurig“, erläuterten die Ökoradikalen ihre Selbstauflösung. Man habe trotz Gewalt, Morddrohungen und Festnahmen an seinen Aktionen festgehalten. Doch nun sehe die Gruppe keine Perspektive auf Erfolg mehr.

Auch in Österreich sei der Druck auf die „Letzte Generation“ in den vergangenen Monaten erheblich erhöht worden. Die verbleibenden Gelder würden daher verwendet, um die Kosten ausstehender Strafverfahren zu decken. Einzelne Klimakleber müßten Zehntausende Euro zahlen. Als endgültigen Abschied wollten die notorischen Farbwerfer ihre Erklärung aber nicht werten – es würde vielmehr Platz gemacht für etwas Neues.

Als „politisch Verfolgte“ gerieren sich die Uhu-Ökos auch hierzulande. Nach Aktionen auf deutschen Flughäfen in den vergangenen Wochen hat die Polizei zuletzt Wohnungen von „Letzte Generation“-Anhängern durchsucht. Die Klimakleber selbst nannten dies eine „neue Form der Repression“. Acht Wohnungen „von friedlich Protestierenden“ seien „gestürmt“ worden. Es habe sich um einen Einschüchterungsversuch gehandelt, der „traumatische Folgen“ haben könnte, empörten sie sich.

Politikwissenschaftler: Langsam gewöhnen wir uns an die Kleber

Nachdem es monatelang eher ruhig um sie gewesen war, sorgten neuerliche Blockaden von Rollfeldern unlängst dafür, daß die Klimaproteste wieder stärker diskutiert wurden. „Das Eindringen in den Luftsicherheitsbereich ist kein Kavaliersdelikt. Über hunderttausend Passagiere werden daran gehindert, entspannt und pünktlich in die Ferien zu starten“, warnte der Flughafenverband ADV.

Auch aus der Politik fielen die Reaktionen deutlich aus. Selbst aus den Reihen der Grünen hagelte es Kritik: „Was soll es bringen, Menschen den Urlaubsstart zu vermiesen? Nehmt uns Politiker in die Pflicht, argumentiert, streitet. Aber zerstört bitte nicht das Wichtigste, das wir im Kampf gegen die Klimakrise haben: den breiten Konsens in der Gesellschaft“, teilte etwa Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) mit. CSU-Generalsekretär Martin Huber forderte gar die „volle Härte des Rechtsstaats gegenüber diesen Klima-Chaoten“. Verliert die „Letzte Generation“ durch solch unpopuläre Aktionen die Anschlußfähigkeit an bürgerliche Kreise? Der Politikwissenschaftler Vincent August von der Berliner Humboldt-Universität glaubt, daß sich die Gesellschaft inzwischen an die Klimakleber gewöhnt habe. Doch dieser Effekt zermürbe die Klimakleber. „Dazu tragen Gegendruck, Geld- und Gefängnisstrafen bei“, sagt August. Noch, so erklärt die „Letzte Generation“ aber, wolle man in Deutschland weitermachen.