© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/24 / 16. August 2024

Wohl­wollende Presse erkauft?
Förderung linker Medien: „Gemeinnütziger Journalismus“ erhält steuerliche Vorteile
Frank Hauke, Sven Versteegen, Gil Barkei

Während regierungskritische rechte und konservative Medien verstärkt diskreditiert und eingeschränkt werden, erhalten linksliberale Angebote zusätzliche Förderungen und Vorteile. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat im Auftrag der Ampel-Regierung einen sogenannten Anwendungserlaß vorbereitet, mit dem „gemeinnütziger Journalismus“ massiv steuerlich gefördert werden soll. Darunter fallen Projekte wie Correctiv, die sich – so wörtlich – der „Aufklärung“ und „Wissensvermittlung“ verschrieben haben.

Das tun zwar fast alle Medien, Rot-Gelb-Grün hat jedoch vor allem linken Journalismus im Blick, wenn sie diesem zuschreibt, „nicht gewinnorientiert“ zu arbeiten. Weiter heißt es, dies sei notwendig, „damit die Demokratie weiter funktioniere“. Daher müßten diese Medien staatlich gefördert werden. Kritik kommt von privaten Zeitungshäusern. Anja Pasquay vom Bundesverband Digital­publisher und Zeitungsverleger (BDZV) sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Regierenden bildeten damit einen „Zweiklassenjournalismus“ aus. Die FAZ kommentiert, „es könnte sich auch Lobbyismus dahinter verbergen“. Die Bevorzugung von „gemeinnützigem Journalismus“ komme zudem „par ordre du mufti“, da es „für ein richtiges Gesetz“ nicht gereicht habe – dennoch müßten sich die Finanzämter an einen entsprechenden Erlaß halten.

Regieren per Erlaß, um Lobbyisten entgegenzukommen

Jubel dürfte es dagegen bei Correctiv geben, das gerade wegen seiner Räuberpistole zum angeblichen „Potsdamer Geheimtreffen“ massiv in der Kritik steht: „Wenn der Erlaß so kommt, wäre das die weltweit fortschrittlichste Regelung zum gemeinnützigen Journalismus“, sagte Herausgeber David Schraven. „Gemeinnütziger Journalismus“ sei die „dritte Säule“ im Journalismus, zwischen öffentlich-rechtlichem und „Marktjournalismus“. Der Markt könne jedoch „nicht mehr dafür sorgen, daß überall eine journalistische Grundversorgung angeboten wird“. Gerade bei lokalen Angeboten und Nischenthemen könne gemeinnütziger Journalismus eine Lücke füllen, „damit die Demokratie weiter funktioniere“. Die FAZ fragt kritisch: „Wer macht dem pejorativ so bezeichneten ‘Marktjournalismus’, also der vom Staat unabhängigen Presse, denn das Leben schwer? Da sind die Öffentlich-Rechtlichen, denen es mit dem Rundfunkbeitrag finanziell glänzend geht und die im Netz immer größere Textmengen zusammenschreiben. Hinzu kommen Organisationen, die der Staat direkt oder wie jetzt per Steuererleichterung fördert.“

Schraven ist gleichzeitig Ko-Vorsitzender des Forums Gemeinnütziger Journalismus. Die Lobbyorganisation fordert seit Monaten, „diese Form des Journalismus fest in unserem Mediensystem zu verankern“. Ende Juli hatten die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Susanne Stiefel, und Correctiv-Geschäftsführerin Jeannette Gusko für das Forum die Petition „Schafft Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus!“ mit mehr als 50.000 Unterschriften an die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) überreicht. 

FDP-Chef Lindner hat die Rufe nun erhört. Die Bundesregierung etabliert damit in der Tat eine „dritte Säule“ im Journalismus – neben den öffentlich-rechtlichen Sendern und den privat finanzierten Medien. Letztere werden nicht staatlich gefördert und müssen – wie der Fall des rechtsgerichteten Magazins Compact zeigt – inzwischen damit rechnen, verboten zu werden. Doch der DJV fordert mehr und verlangt, daß dem Erlaß zwingend ein Gesetz folgen müsse. „Dieser Beschluß ist gut“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster, „aber er kann vom Bundeskabinett jederzeit widerrufen werden.“ Rechtssicherheit sei nur durch ein entsprechendes Bundesgesetz gegeben.

Für Correctiv, das knapp 90 Mitarbeiter beschäftigt, kommt die praktische Steuererleichterung einem weiteren Geldsegen gleich. Es wird bereits mit Steuergeldern gefördert. Nur ein Beispiel: Allein für das Projekt „noFake“ bekommt Correctiv gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum und der TU Dortmund 1,33 Millionen Euro von der Bundesregierung.

Die gezielte Förderung gefälliger Medien hat dabei System. So hat das linke Magazin Katapult in den vergangenen zwei Jahren rund 370.000 Euro Steuergeld vom Land Mecklenburg-Vorpommern und der Bundesregierung erhalten. Die größten Beträge sind unter dem Zweck „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ verbucht worden, wie aus einer Antwort der rot-roten Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des AfD-Landtagsabgeordneten Nikolaus Kramer hervorgeht.

Demnach erhielt die Publikation 190.000 Euro vom Kabinett Schwesig, davon mehr als 12.000 für den Besuch der Buchmessen in Frankfurt und Wien. Weitere rund 177.000 Euro Steuergeld flossen von der Bundesregierung an das Magazin aus Greifswald. Das Geld soll laut Landesregierung für den Ausbau der Katapult-Betriebsstätte verwendet worden sein. Etwa ein halbes Jahr zuvor, am 28. Juni 2021, hatte Gründer und Chefredakteur Benjamin Fredrich verkündet, ein 35.000 Quadratmeter großes Grundstück gekauft zu haben, um dort eine Journalistenschule und eine neue Redaktion zu errichten. Darüber hinaus gab es eine Ukraine-Ausgabe und mehrere Buchprojekte.

Am 5. September 2023 drohte bei so vielen, oftmals wenig erfolgreichen Umtrieben die Insolvenz. Das Finanzloch klaffte zunächst 2022 auf, damals fehlten laut Eigenangaben zunächst 290.000 Euro. Im Jahr 2023 wuchs das Defizit auf 450.000 Euro. Durch eine Spendenaktion und höhere Magazinpreise wurde die Insolvenz jedoch abgewendet, so die Darstellung von Katapult. Am 17. Dezember 2023 folgte ein ernueter Hilferuf: Rechtsextreme würden Mitarbeiter und Bauarbeiter belästigen. Wie JF-Recherchen ergaben, gingen bei der Polizei dazu jedoch nie Anzeigen ein. Auch hat bis heute in Greifswald keine Journalistenschule eröffnet.

Zeitungen gegen die AfD in Stellung gebracht

Der AfD-Abgeordnete Kramer, der auch Fraktionsvorsitzender im Landtag ist, äußerte Zweifel an der Rettung vor der Insolvenz durch Spenden: „Fredrich schreibt, daß die Abwärtsbewegung bei Katapult im Herbst 2022 begonnen habe. Angesichts dieser Zusammenhänge könnte sich die Frage stellen, welche Bedeutung die Zuwendungen für den Fortbestand der Katapult-Gruppe hatten.“ Seine Fraktion werde die Zahlungen kritisch prüfen.

Zudem sei auffällig, daß „ein Schwerpunkt des Katapult-Magazins die Kritik an der größten Oppositionspartei, der AfD, ist. Die kritische Auseinandersetzung mit den Regierungen in Land und Bund scheint etwas kürzer zu kommen.“ Mitte Juli hatte Katapult angekündigt, mit Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg die drei Bundesländer mit jeweils eigenen Ausgaben „überschwemmen“, „überfluten“ beziehungsweise  „überschütten“ zu wollen, um über die AfD und ihre Ziele kritisch zu informieren. Die „demokratischen Zeitungen“ wollen unter anderem zeigen, „daß die AfD eine populistische und extremistische Partei ist, die unsere Demokratie abschaffen will“, und daß „Migration auch viele positive Seiten hat“. Im Fokus stünden Unentschlossene und Nichtwähler. Die Auflage soll in Sachsen bei 500.000 liegen, in Thüringen und Brandenburg bei jeweils 300.000 Exemplaren.

Kramer betonte, es wäre „sehr unschön“, sollte sich herausstellen, daß die Landes- und Bundesregierung sich durch wirtschaftliche Förderprogramme „journalistisches Wohlverhalten“ erkauften.


Foto: David Schraven von Correctiv freut sich bestimmt über das Vorhaben von Finanzminister Christian Lindner: Belohnung von „Aufklärung“ und „Wissensvermittlung“