© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/24 / 16. August 2024

Blick in die Medien
Elis Grüße aus Rußland
Ludger Bisping

Im „neuen kalten Krieg“, in dem wir uns befinden, blühen Stereotype und sprießen die Klischees. Bei dem ganzen Furor aus Politik und Medien über „die Russen“ tut es vielleicht ganz gut, das Gemüt mit ein paar Dokumentationen über das unverzerrte Rußland abzukühlen. Schließlich wird man sich irgendwie weiterhin einen gemeinsamen Kontinent teilen müssen.

Die Mittzwanzigerin Eli aus dem Ural liefert solche Einblicke auf ihrem Youtube-Kanal „Eli from Russia“. Einer Dreiviertelmillion Abonnenten gefällt das. Das bezaubernde Twen-Girl zeigt uns ihre winzige WG-Wohnung in einer Mietskaserne aus Chruschtschows Zeiten in Moskau bei einer typisch russischen „Babuschka“. Sie erklärt uns, warum Russen permanent über Russen und Rußland meckern (kommt einem bekannt vor, oder?), wieso russische Männer die Handtaschen ihrer Frauen tragen und sich prinzipiell im Auto nur anschnallen, wenn die Polizei am Straßenrand steht.

Die Russin bereist neben allen „Stan“-Republiken auch mehrere Länder des „Westens“.

Eli bereist aber auch die Nachbarländer der „Stan“-Staaten, stellt fest, daß die alte Sowjetunion in Kirgisien noch existiert und nimmt uns mit nach Woronesch, in die Stadt der (angeblich) schönsten Frauen von ganz Rußland. Sie besucht einen Schamanen in Baschkortostan, von dessen Existenz der Durchschnittsdeutsche noch nie gehört hat, obwohl es die bevölkerungsreichste Republik der russischen Föderation ist.

In Inguschetien hat sie Angst vor Geschichten über islamische Mädchenhändler. In Moskau traut sie sich, bei minus 23 Grad ein Eisbad zu nehmen. Dabei sagt sie: „Typisch Russen – Im Winter ins Eiswasser gehen, aber sich im Sommer über zu kaltes Badewasser beschweren!“

Außerdem erklärt Eli, welche Auswirkungen die westlichen Sanktionen auf das Alltagsleben haben und warum Kasachstan das am meisten unterbewertete Land der Welt sei. Weitere Reisevideos der kessen jungen Dame gibt es aus Königsberg, der Türkei, Tansania und sogar Australien.

Manche Kommentatoren werfen ihr vor, „vom Kreml gesponsert“ zu sein. Eli lacht: „Na klar, ich bin eine KGB-Agentin und spioniere.“ Ärger mit der Zensur hat sie dennoch schon bekommen, weil sie in früheren Videos über die „Kriminalitätskultur“ in Rußland berichtete.