Am 26. September wird es zwei Jahre her sein, daß die Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee gesprengt wurden. Es war ein kriegerischer Akt, ein beispielloser Anschlag auf die deutsche Energieinfrastruktur und der symbolische Beginn der Deindustrialisierung Deutschlands. Wer also waren die Verantwortlichen? Die erste Version kam von dem US-amerikanischen Investigativjournalisten Seymour Hersh. Er beschuldigte die amerikanische Regierung, die Sprengsätze mit Hilfe von Tauchern angebracht zu haben. Für diese Theorie sprach, daß sich Hersh in seiner langen Karriere nie instrumentalisieren ließ und daß die vielen Details, die er liefern konnte, tatsächlich auf die US-Regierung hindeuteten.
Aber auch die zweite, zuletzt vom Wall Street Journal verbreitete Version kann mit Detailtiefe aufwarten. Demnach wurde der Anschlag von ukrainischen Behörden geplant und ausgeführt. Immerhin hat ein deutscher Richter einen Haftbefehl gegen einen der ukrainischen Tatverdächtigen erlassen. Warum aber wurde der im UN-Sicherheitsrat von Rußland gestellte Antrag auf eine unabhängige UN-Untersuchung von den USA und ihren Verbündeten abgelehnt? Könnte es vielleicht sein, daß auch die Bundesregierung die vollständige Aufklärung scheut, weil sie dann extrem heikle Konsequenzen ziehen müßte? Zu Recht schreibt die Neue Zürcher, die Recherchen hätten „enorme politische Sprengkraft“. Auf dem Prüfstand steht nichts weniger als der reale Gehalt deutscher Souveränität.