Zahlreiche Flüchtlinge aus Afghanistan, die in Deutschland einen Schutzstatus verliehen bekommen haben, reisen offenbar regelmäßig für Kurzbesuche in ihr Heimatland, aus dem sie ihren eigenen Angaben zufolge aus Angst vor Verfolgung geflohen sind. Recherchen des RTL-Fernsehmagazins „Extra“ zufolge sollen Reisebüros in mehreren deutschen Städten gezielt solche Reisen anbieten und dafür mit einem Trick die Vorschriften umgehen.
Denn Flüchtlinge bekommen hierzulande in der Regel einen sogenannten „Blauen Paß“ als Ersatz für den Reisepaß ihres Herkunftslandes. Reisen dorthin sind mit diesem „Reiseausweis für Flüchtlinge“ oder auch „Konventionspaß“ untersagt. Denn: Reisen in den Heimatstaat können den Fortbestand des Schutzbedürfnisses und somit den asylrechtlichen Status in Frage stellen. Ein Automatismus ist damit allerdings nicht verbunden. So gilt etwa der sogenannte „Erlöschensgrund“ im Asylgesetz nur, wenn sich der Betreffende dauerhaft im Herkunftsland niederläßt. Für den Fall einer nur vorübergehenden Rückkehr (Urlaubsreise) greift dies nicht, heißt es dazu in einem Sachstandsbericht der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags.
Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind Reisen von Schutzbedürftigen in ihr Heimatland nur unter spezifischen Voraussetzungen erlaubt, etwa zum Besuch kranker Angehöriger, für Beerdigungen oder religiöse Zeremonien. Recherchen des Fernsehsenders zufolge sollen die Afghanen sowie beteiligte Reisebüros sogenannte „Double-Entry-Visa“ bei der iranischen Botschaft beantragen. Diese ermöglichen eine Reise ins von den Taliban regierte Land mit einem Zwischenstopp im Iran. Dieses geben die Reisenden als eigentliches Ziel bei den deutschen Behörden an. Die von den deutschen Grenzbehörden gestempelten Visa werden anschließend als loses Blatt Papier den Pässen angehängt statt wie üblich eingeklebt. Anschließend können sie bei der Wiedereinreise nach Deutschland entsorgt werden, um Afghanistan als Zielland zu verschleiern.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wies die Verantwortung in Richtung der Kommunen. Es sei Aufgabe „der örtlichen Ausländerbehörden, darauf zu achten, daß so etwas nicht passiert“, sagte sie gegenüber RTL. Auf Nachfrage räumte ein Sprecher ihres Ministeriums ein, daß die Zahl solcher Heimaturlaube „statistisch nicht erfaßt“ werde. Der Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), forderte, die Behörden müßten „sicherstellen, daß Menschen, die bei uns Schutz beantragt haben, aber im Heimatland Urlaub machen, unmittelbar ihren Schutzstatus verlieren und nicht mehr in Deutschland bleiben können“.
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft drängt auf Konsequenzen: Künftig müßte der Gesetzgeber dafür sorgen, daß solche Visa wie sonst üblich fest in die Reisepässe einzubringen sind, so der stellvertretende Bundesvorsitzende, Heiko Teggatz. „Es ist für mich schleierhaft, wie ein Visum, das wie ein Beipackzettel in den Paß gelegt wird, überhaupt eine Gültigkeit entwickeln kann“, meinte der Gewerkschafter.