Diese Nonchalance. Diese stahlblauen Augen. Dieser eiskalte Blick, der sich heftete auf das Objekt seiner Begierde. Er wurde sein Markenzeichen. Das Objekt seines Begehrens, das konnte ein Leben in Luxus und Reichtum sein wie in „Nur die Sonne war Zeuge“, dem unterkühlten Krimi über einen kalt kalkulierenden und minutiös mordenden Engel, der ein Teufel war. Es konnte auch Romy Schneider sein, mit der er fünf Jahre liiert war. Beim Dreh der Arthur-Schnitzler-Verfilmung „Christine“ (1958) hatten sich die beiden kennengelernt, der französische Beau und die deutsche Nachwuchsdiva. Fünf Jahre waren sie ein Paar, aber als sie zusammen das Psychodrama „Der Swimmingpool“ (1969) drehten, waren sie schon keines mehr. Am Ende konnte sie ihn nicht halten, den Rastlosen, dessen Blick auch mal flattern konnte, von neuen Reizen angezogen.
Sympathien für den Front National
Alain Delons stahlblaue Augen, sie sind nun für immer erloschen. Mit 88 Jahren starb der Filmschauspieler vergangenen Sonntag in Douchy bei Paris. In den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war er zusammen mit seinem Kollegen Jean-Paul Belmondo das Männergesicht des französischen Films schlechthin. Delon war der mit dem Engelsgesicht, Belmondo der mit dem Knautschgesicht. Musterhaft erweisen das die beiden Mantel-und-Degen-Filme „Car-
touche, der Bandit“ (1962) und „Die schwarze Tulpe“ (1964): Belmondo, oft als Hallodri, als Haudruff, als nicht immer ganz ernst zu nehmender Halunke inszeniert, war Cartouche, ein französischer Till Eulenspiegel, Delon die maskierte „schwarze Tulpe“, ein französischer Zorro. Ein Mann des Volkes und Bandit von Anfang an der eine, ein Aristokrat mit Mut und Manieren der andere.
Seinen Durchbruch hatte Delon 1960 mit der Titelrolle in „Rocco und seine Brüder“ von Luchino Visconti, der mit ihm drei Jahre später auch den Historienschinken „Der Leopard“ drehte. Und mit „Nur die Sonne war Zeuge“ (1960), dem Film, der ihn auf das Image des „eiskalten Engels“ festlegte. Regisseur Jean-Pierre Melville hatte davon noch weitere auf Lager, für die der Blauäugige als Hauptdarsteller gesetzt war. Irgendwie muß das Genre auf das Privatleben des Mimen abgefärbt haben: 1968 saß er kurz in U-Haft. Sein Leibwächter war tot aufgefunden worden – Kopfschuß.
Für Aufsehen abseits des Films sorgte Delon auch mit öffentlichen Äußerungen, die Sympathien für den Front National, Parteigründer Jean-Marie Le Pen und dessen Tochter Marine erkennen ließen. Den Aufstieg der Rechtspartei empfand der bekennende Gaullist als „sehr erbaulich“, den Patriarchen Le Pen bezeichnete er als persönlichen Freund.
Künstlerisch überzeugte der auch in Hollywood Erfolgreiche („Scorpio, der Killer“, 1973) mit dem preisgekrönten NS-Drama „Monsieur Klein“ (1976), an das in seiner Würdigung auf dem Nachrichtenkanal X auch Emmanuel Macron erinnerte. „Er war mehr als nur ein Star“, kommentierte der französische Staatspräsident den Tod der Filmlegende, und sein Gesicht „unvergeßlich“.