© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/24 / 23. August 2024

Zeitschriftenkritik: Arbeiterstimme
Linke Bewegungen gestern und heute
Werner Olles

Die im 54. Jahrgang vierteljährlich erscheinende Arbeiterstimme – Zeitschrift für marxistische Theorie und Praxis zählt zu den Publikationen der sogenannten „Arbeiterbewegungs-Linken“. Die Blattmacher stellen sich selbst in die Tradition der KPD-Opposition der späten 1920er Jahre, deren maßgebliche Führer August Thalheimer, Heinrich Brandler, Paul Frölich und Ruth Fischer sich aus Protest gegen die von Moskau gelenkte Politik der stalinistischen Thälmann-KPD von dieser abspalteten, jedoch weiterhin an der leninistischen Position festhielten. Von der Komintern als „Renegaten“ bezeichnet, verfolgte die KPO innerhalb des Weimarer Parteiensystems und der Arbeiterbewegung einen wenig erfolgreichen linksradikalen Kurs und wurde beispielsweise von der SPD als „KP Null“ verspottet. 

Die aktuelle Ausgabe (Nr. 224, Sommer 2024) befaßt sich in ihrem Schwerpunktthema „Nationale Befreiungsbewegungen und ihre Rolle der heutigen Welt“ mit einem Blick in die Geschichte der kommunistisch-marxistischen Bewegung. Diese verstand sich zwar von Anfang an als internationalistisch, wurde aber 1913 von Stalin dahingehend revidiert, die Nation als „eine historisch entstandene, stabile Gemeinschaft von Menschen auf der Grundlage der gemeinsamen Sprache, des Territoriums, des Wirtschaftslebens und der sich in der Gemeinschaft der Kultur offenbarenden psychischen Wesensart“ zu definieren. Nachdem auch der österreichische Sozialdemokrat Karl Renner 1937 den Aspekt der „Nation als handelnde Einheit“ betont hatte, wurden Themen wie „nationale Selbstbestimmung“ und „nationale Frage“ im Rahmen marxistischer Lösungen – Kampf gegen den Kolonialismus – zunehmend diskussionsfähig.

Der Beitrag „Brauchen wir eine linke Partei und was soll sie sein?“ geht mit den parlamentarischen Illusionen der Partei Die Linke ins Gericht, die den Kurt Tucholsky zugeschrieben Satz „Wenn Wahlen etwas bewirken würden, wären sie längst verboten“ als nicht diskussionswürdig unberücksichtigt gelassen habe. Zudem seien auch die Bildungsarbeit und der Markenkern der Partei arg vernachlässigt worden.

Mit der sogenannten „Nelkenrevolution“ im Frühjahr 1974 in Portugal beschäftigt sich der Beitrag „Erinnerung an ein europäisches Ereignis“. Als am Morgen des 25. April im portugiesischen Rundfunk „Grândola Vila Morena“ erklang, war dies das verabredete Zeichen zum Sturz einer der letzten rechts-autoritären Regierungen in Europa durch die „Bewegung der Streitkräfte“ (MFA). Es war ein militärischer Staatsstreich einer kriegsmüden Generation junger Offiziere von links, der in eine politische und soziale Unruhezeit mündete.


Kontakt: Arbeiterstimme, Postfach 91 03 07, 90262 Nürnberg. Ein Abonnement für vier Ausgaben kostet 13 Euro. www.arbeiterstimme.org