Die forcierte staatliche Entwaffnung von Bevölkerungsteilen einerseits, das Scheitern der Entwaffnung von Bevölkerungsteilen andererseits wirft ein neues Licht auf einen Prozeß, der in Europa weit fortgeschritten war, aber nun rückläufig zu sein scheint. Gemeint ist die Durchsetzung des „Gewaltmonopols“, das ein Merkmal menschlicher Gesellschaften aufgehoben hat, das bis in die Anfänge der Geschichte zurückreicht: die allgemeine Praxis, Waffen zu besitzen und zu verwenden, um sich zu schützen oder um sich durch Angriff zu verschaffen, was man begehrt. Dabei war nicht erst die Erfindung von Samuel Colt, sondern schon die des Faustkeils der entscheidende Schritt, weil dieser große Gleichmacher es im Zweifel einem körperlich Schwächeren erlaubte, einen körperlich Stärkeren physisch zu überwinden. Eine Resterinnerung an diesen Zusammenhang wird man noch in der Entscheidung der Französischen Revolution zu sehen haben, die das adelige Privileg des Waffenführens aufhob und ein Duellrecht aller Bürger erklärte. Ganz nebenbei: Das letzte Duell auf französischem Boden fand erst am 20. April 1967 statt. Anlaß war, daß Gaston Defferre, sozialistischer Abgeordneter des Departements Bouches-du-Rhône und Bürgermeister von Marseille, seinen Kollegen René Ribière, gaullistischer Abgeordneter des Departements Val d’Oise, während einer Debatte in der Nationalversammlung als „Schwachkopf“ bezeichnet und eine Entschuldigung abgelehnt hatte. Daraufhin forderte ihn der Beleidigte, weil dieser Tort nur mit Blut abgewaschen werden könne. Also fand am frühen Nachmittag im Garten einer Residenz in Neuilly-sur-Seine – von zahlreichen Journalisten sensationsgierig verfolgt – ein Zweikampf mit Degen statt. Vereinbart war allerdings, daß der Ehre genüge getan sein sollte, wenn das erste Blut floß. Nach wenigen Minuten verletzte Defferre Ribière mit einem Hieb. Womit die Sache selbst aber nicht aus der Welt war, denn der Sieger verweigerte dem Besiegten den Handschlag und wiederholte seine Beleidigung mit Verve. Von einem weiteren Waffengang ist allerdings nichts bekannt.
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„Laß uns zusammen gehen. Ein bißchen Ärger suchen.“ (Catwoman zu Batman)
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„Republiken werden immer wieder durch Parteien zerstört (…) Die Gefahr, die Parteien für einen Volksstaat bilden, liegt in der Unmöglichkeit, sie durch verfassungsrechtliche Einschränkungen unter Kontrolle zu halten (…) Sie bergen stets die Tendenz, zu verfolgen, auszuplündern, zu unterdrücken (…) Unter dem Namen von Patrioten sind sie bereit – wie Fanatiker unter dem Namen von Heiligen –, jedes Verbrechen zu begehen, wenn es ihren Vorteil oder ihre Vorurteile gilt. Keine Häufung von Hemmnissen und Gegengewichten kann dieser furchtbaren Parteityrannis steuern (…) Sie ist eine Bestie, (…) denn sie verwüstet und verschlingt die individuellen Rechte mit tausend Händen und mit tausend Mäulern.“ (John Taylor, US-Politiker, 1784–1854)
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Drei Argumente sind, wenn es um das Anwachsen der Kriminalität geht, fast völlig verschwunden: (1) Das war früher auch nicht anders. (2) Das ist ein Meßproblem, in der Vergangenheit wurden die Delikte nur nicht angezeigt. (3) Die ausländische Bevölkerung ist nicht krimineller als die eingeborene.
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Die im März durchgeführte Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbundes kam zu dem Ergebnis, daß 70 Prozent der Einwohner den Staat für unfähig halten, seine Aufgaben zu erfüllen. Der Anteil liegt im Fall der neuen Bundesländer sogar bei 77 Prozent, bei den FDP-Anhängern bei 85 und bei den AfD-Sympathisanten bei 90 Prozent.
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Im Rahmen des Lobgesangs auf die Sicherheitsmaßnahmen bei den Olympischen Spielen in Paris hat man kaum darauf hingewiesen, daß Polizisten und andere bewaffnete Kräfte aus 43 Ländern beteiligt waren. Sie übten zwar keine exekutiven Funktionen aus und mußten deshalb immer von französischen Beamten begleitet werden, waren aber im Straßenbild deutlich erkennbar. Das galt auch für die gepanzerten Fahrzeuge der Polizei Qatars, deren Besatzungen – folgt man einem in den Netzwerken umlaufenden Video – vorab eingeschärft worden war, sich stets als Repräsentanten der „arabischen und islamischen Umma“ zu betrachten.
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Die Proteste gegen Overtourism zeigen, wenn sonst nichts, dann, daß der Markt allein es eben nicht richtet.
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Es müßte mit größerem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die Aussage „Wir leben schließlich im 21. Jahrhundert“ keinen argumentativen Wert hat. Dahinter steckt letztlich die Idee vom unaufhaltsamen moralischen Fortschritt, die seit je mit Skepsis zu betrachten war. Vielleicht erleben wir noch, daß eine Bilanz aufgemacht wird, in der Wohlstandsverwahrlosung, Negativ-auslese, massenhafte psychische Labilität, Bevölkerungsaustausch, Vulgarisierung, Materialismus, Kollaps des Bildungssystems, Deindustrialisierung so zu Buche schlagen, wie es angemessen wäre, womit auch derartige Formeln endgültig ihrer Nichtigkeit überführt wären.
Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 6. September in der JF-Ausgabe 37/24.