Fast zwanzig Jahre lang war Afghanistan ein Schwerpunktland deutscher Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Der teuerste und opferreichste deutsche Krisen- und Kriegseinsatz endete im August 2021 mit dem abrupten Abzug der multinationalen Interventionstruppe im politisch-moralischen Desaster. Dieses wird seit Juli 2022 von einer Enquetekommission des Bundestages „aufgearbeitet“, deren Zwischenbericht seit Februar vorliegt. Für das Kommissionsmitglied Winfried Nachtwei, bis 2009 sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, offenbarte die Untersuchung ein „kollektives Führungsversagen“ auf höchster politischer und militärischer Ebene, woran die ohne kohärente Strategie operierenden USA die Hauptverantwortung trügen (Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/2024). Aber auch Deutschland habe daran seinen Anteil, weil es sich mit Rücksicht auf die Bündnisloyalität einer schonungslosen Realitätswahrnehmung verweigerte und auf dieser Haltung noch vor der Enquetekommission beharrte. Denn die dazu angehörten Bundesminister für Auswärtiges, Inneres und Entwicklung äußerten parteiübergreifend keinerlei Selbstkritik, daß sie sich als Regierungsmitglieder überwiegend „Wunschdenken“ der Marke „Geschlechtergerechtigkeit in Afghanistan“ hingaben. (ob) www.blaetter.de