© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/24 / 30. August 2024

Der Flaneur
Eimerweise Kunst
Maria Bentz

Besuch aus Rom. Was bietet die deutsche Großstadt dem neugierigen Gast? Neben viel Unerfreulichem durchaus auch Erfreuliches. So den großen Stadtwald vor der Tür. Dieses Qualitätsmerkmal ist ja nicht ohne weiteres nachhaltig zerstörbar. Also hinein in Kühle und Ruhe. 

Na ja, störungsfrei gestaltet sich der Spaziergang nicht. Mit einem schrillen „Aufpassen“ muß die – Verkehrschaos eigentlich gewohnte – Römerin vor einem Zusammenstoß mit einem verbissen das Klima rettenden E-Bike-Fahrer bewahrt werden. „Unsere Raser haben Bremsen“, amüsiert sich der Gast, „die meistens funktionieren.“ Hier werden sie für zu Fuß gehende Störenfriede nicht eingesetzt. Die Waldwege zieht man den asphaltierten Radwegen vor – die sind zu voll. 

Später beim Italiener bestellt die Freundin aus Rom, doch der Kellner ist Türke und kann sie nicht verstehen.

Dann aber begrüßt uns freundliche Smiley-Kunst auf einem Mülleimer mit der Aufschrift „Schade, daß wir uns nicht eher getroffen haben.“ Die interessierte Ausländerin ist auf Dolmetschen angewiesen. Italienisch radebrechend versuche ich ihr zu erklären: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kindlein …Wir werden zu solchen erklärt und Erziehung tut not. Unser fürsorglicher Nannystaat unterstellt, unser Müll lande normalerweise da, wo er nicht hingehört.“ Also nicht mosern, gehorchen! 

„Ist das dein Ernst?“ duzt uns der nächste Blecheimer ermahnend. Als uns ein „Danke, ich habe schon genug“ aus einem gähnend leeren Behälter entgegengrinst, füttern wir ihn äußerst ungehorsam mit einem Papiertaschentuch. 

„Ich verstehe sowieso kein Deutsch“, lacht die Römerin. Wir beratschlagen, welche Sprachen man hier noch brauchen würde. Es wären viele. Italienisch ist nicht dabei.

„Ist das euer Ernst?“ lacht die Kunstverwöhnte aus der ewigen Stadt beim Anblick der „modernen Kunst“ am Flußufer: Von rostigem Metallschrott zusammengepreßtes Papier. Wir wünschen uns eine resolute Reinigungskraft, die damit macht, was längst hätte getan werden müssen, der Ästhetik wegen. 

Später beim „Italiener“ am Fluß ein hilfloser Kellner, als der Besuch nach den Weinsorten fragt. Er sei Türke und spreche kein Italienisch. Also übernehme ich die Bestellung und ordere einen deutschen Wein. Und draußen rauscht der gestaute Fluß fast wie am Meer.



Alles ist zu Fuß zu erreichen, wenn man die Zeit hat.

Stephen Wright, US-Komiker (*1955)