Wahlen finden hierzulande nicht in den Schulferien statt. Das ist aus gutem Grund so. Denn wenn viele im Urlaub sind, sinkt aller Wahrscheinlichkeit nach die Wahlbeteiligung. Als die CSU vor über zehn Jahren einmal die Bundestagswahl auf einen Termin legen lassen wollte, an dem in anderen Bundesländern Ferien wären, wetterte die SPD, dieses Vorhaben schade der Demokratie.
In Hamburg sind die Genossen mittlerweile offenbar weniger empfindlich. Denn dort lehnten es die Sozialdemokraten gemeinsam mit dem grünen Koalitionspartner und der oppositionellen Linken ab, die Unterschriften für das Volksbegehren der Initiative „Schluß mit der Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ auf einen Termin nach den Sommerferien zu verschieben (JF 27/24). Bei anderen Begehren hatte man das durchaus gemacht.
Und nun ist eingetreten, was die 2023 in einem ersten Schritt noch erfolgreichen Initiatoren befürchtet hatten: Das Ziel, die erforderlichen 65.835 Unterschriften zusammenzubekommen, wurde verfehlt. „Die Ferien haben uns gekillt“, ist der Vertrauensmann der Volksinitiative, der Notar Jens Jeep, überzeugt. Was ihn da so sicher macht? Daß man in der letzten Ferienwoche, als ein großer Teil der Hamburger schon wieder aus dem Urlaub zurückgekehrt war, fünfmal so viele Unterstützer zur Unterschrift bewegen konnte wie in den Wochen davor. So hatte man kurz vor Fristende unter anderem vor den Toren zum Konzert des britischen Pop-Stars Robbie Williams Unterschriften gesammelt. Vergeblich. Auch wenn die mehr als 34.000 Unterschriften auf den Listen, die man dem Landeswahlleiter überreichen konnte, sowie die 20.000 per Brief eingegangenen Unterschriften durchaus ein großer Erfolg gewesen seien.
Ganz offen hatte im Vorfeld der Fraktionsvorsitzende der SPD in der Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, gegenüber dem NDR bekannt, warum man kein Entgegenkommen zeigen wollte: „Mit manchen Initiativen verhandelt man dann auch, weil man merkt, man kann sich auf etwas verständigen. Hier war das nicht der Fall. Und das sagt man dann auch ganz ehrlich. Es bringt ja nichts, eine Fristverlängerung zu machen, wenn wir keine Verhandlungschance sehen.“ Als „ideologisch begründete Blockade“ durch Rot-Grün bezeichnete der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion, Alexander Wolf, das Vorgehen der Mehrheit in der Bürgerschaft. Wer nur die Volksbegehren unterstütze, die ins eigene Weltbild paßten, offenbare ein Demokratiedefizit, monierte der Kulturpolitiker.
Eine Entscheidung vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht steht noch aus, zudem prüft die Initiative den Gang nach Karlsruhe. In den Frust über das – aufgrund der Benachteiligung erfolgte – Scheitern mischt sich Trotz. Diejenigen, die eine Verwendung von „falscher, mißverständlicher deutscher Sprache in den Schulen und Behörden“ der Hansestadt verhindern wollen, könnten ihren Willen ja bei der nächsten Bürgerschaftswahl im März 2025 zum Ausdruck bringen. Dort stünden, so heißt es in einem Resümee der Initiative, „anstelle von SPD und Grünen auch demokratische Parteien zur Wahl“.