© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/24 / 06. September 2024

GegenAufklärung
Karlheinz Weißmann

Angesichts des Todes von Alain Delon wurden vielfach dessen politische Präferenzen thematisiert. Dabei ging es in der Regel um die Beziehung des Schauspielers zu Jean-Marie Le Pen. Tatsächlich hat Delon nie ein Hehl aus seinem Widerwillen gegen die Linke gemacht und sich lange Zeit als überzeugter Gaullist bezeichnet. Zum Thema wurde sein Verhältnis zu Le Pen, als 1986 der – sozialistische – Kulturminister Jack Lang Delon in die Ehrenlegion aufnahm und ein Foto in Umlauf kam, das zeigte, wie er und Le Pen sich umarmten. Danach hat Delon immer wieder klarzustellen versucht, daß beide eine persönliche Freundschaft verbinde, die bis in die Zeit ihres gemeinsamen Militärdienstes während des Indochinakrieges zurückreiche. Er hat die Legitimität des Front National ausdrücklich anerkannt, aber keine Werbung für ihn gemacht und seine Haltung in einem Interview knapp auf die Formel gebracht: „Man wollte mir das Etikett Rechtsextremismus anheften, weil ich gesagt habe, daß ich seit der Armee mit Le Pen befreundet bin. Nein, ich bin ein Mann der Rechten, Punkt.“

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Am Rande des Parteitags der Demokraten, bei dem die Präsidentschaftskandidatur von Kamala Harris offiziell bekanntgegeben wurde, hatte man einen umgebauten Campingbus plaziert, der als mobile Abtreibungsklinik diente. Während der Veranstaltung bot die Organisation Planned Parenthood hier kostenlose Schwangerschaftsabbrüche an, um so für Kamala Harris und ihr Anliegen der „freien Wahl“ zu werben.

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„Wenn wir nicht vollkommen von dieser Verblendung wieder loskommen, nicht wieder klar und deutlich einsehen, daß die wahre Freiheit keine allgemeine Abstraktion, sondern nur identisch ist mit den organisch durch deren Geschichte entwickelten Völkern selbst, d. h. die Gesundheit ist, die Zucht und Ordnung von deren wirklichem besonderen Leben, werden wir auf dem Altare der angeblichen Freiheit alle unsere höchsten sittlichen Güter verbrennen, und für die sittlich verwilderten Horden, die man dann noch Völker zu nennen beliebt, nichts als zusammenhaltende Klammern übrig behalten, als die mechanische Gewalt eines Imperators, mag er herkommen wie und wo er will.“ (Heinrich Leo: Was ist conservativ?, 1864)


Auf der Netzseite aporiamagazine.com hat ein Autor unter dem Pseudonym Arctotherium einen sehr aufschlußreichen Artikel zur Entwicklung der Kriminalität veröffentlicht („Murder as measuring stick“, 27. August 2024). Er weist ausdrücklich darauf hin, daß in der Zeit zwischen 1960 und 1999 die Verbrechensrate erkennbar gesunken sei. Allerdings muß man dramatische Unterschiede im Blick behalten: So ist die Wahrscheinlichkeit, im Afrika südlich der Sahelzone oder in Lateinamerika Opfer einer Straftat zu werden, ungleich höher als in außerordentlich sicheren Staaten wie Japan oder Singapur, wo man sich – egal ob Mann oder Frau – zu jeder Tages- und Nachtzeit auf die Straße begeben, Wertgegenstände offen liegen und Kinder unbeaufsichtigt lassen kann. Hier spielen fraglos kulturelle Dispositionen eine Rolle und das relativ hohe Durchschnittsalter, die Verfügung über entwickelte Technologie (von der Überwachungskamera und der Forensik bis zur Möglichkeit, per Mobiltelefon Hilfe zu rufen), nicht zu vergessen der Fortschritt der Medizin. Letzterer erklärt aber auch, warum die Zahl der zur Anklage kommenden Mordfälle in den Industrienationen immer weiter gesunken ist. Was zu einer statistischen Verzerrung insofern führt, als ohne die modernen Operationstechniken viele Angegriffene sterben und ihre Angreifer als Mörder in der Statistik auftauchen würden. Arctotherium weist deshalb darauf hin, daß die Mordrate sich heute nicht von der im ersten Nachkriegsjahrzehnt unterscheidet. Danach haben Wiederaufbau und wachsender Wohlstand zur Pazifizierung beigetragen, und es stellt sich die Frage, wieso es in der Folge zum faktischen Wiederanstieg der schweren Gewaltkriminalität (bei kontinuierlichem Rückgang der Aufklärungsrate) kommen konnte. Aus der Sicht von Arctotherium liegt die Antwort auf der Hand: Es geht um den Einfluß linker Ideologien auf die Politik und das Justizwesen, die zur Ausblendung der Tatsache führt, daß die Masse der Verbrechen von einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung verübt wird (in Schweden ist ein Prozent der Einwohner für 63 Prozent der Straftaten verantwortlich) und daß diese Gruppe durch Resozialisierungsmaßnahmen nicht zu erreichen ist, sondern durch harte Strafen, insbesondere lebenslange Inhaftierung, davon abgehalten werden muß, weiteren Schaden anzurichten.

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Selbstverständlich ist das, was der Spiegel mit seiner Ausgabe vom 17. August suggeriert, Unsinn. Auf dem Umschlag wurden Björn Höcke, Marine Le Pen und Donald Trump samt der Schlagzeile „Wie Faschismus beginnt“ präsentiert. Faschismus beginnt aber mit der Formierung der squadre, das heißt von Milizen, die den Kampf auf der Straße suchen. Wenn Höcke über Squadristen verfügte, hätte es solche Szenen wie bei der Störung seines Auftritts in Erfurt nicht gegeben. Nur weil unsere Antifaschisten noch nie auf Faschisten getroffen sind, trauen sie sich, was sie sich trauen.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 20. September in der JF-Ausgabe 39/24.