Die Anfang des Jahres von der selbsternannten Rechercheplattform „Correctiv“ verbreiteten „Fake News“ bleiben in vielen Medien immer noch präsent und unwidersprochen. Doch jetzt regt sich juristischer Widerstand. Die Rechtsanwaltskanzlei Höcker hat ein Ordnungsgeld gegen den NDR beantragt, weil der Sender gegen das vom Oberlandesgericht Hamburg verhängte Verbot verstößt, Falschbehauptungen zum „Potsdamer Treffen“ vom Februar zu verbreiten. Hintergrund ist die Räuberpistole von „Correctiv“, dort sei die Ausweisung deutscher Staatsbürger geplant und der Entzug der Staatsbürgerschaft nach rassistischen Kriterien diskutiert worden.
Höcker-Anwalt Carsten Brennecke, der in der Sache den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau vertritt, sagte der JUNGEN FREIHEIT: „Nun mußten wir feststellen, daß es der NDR mit der Befolgung gerichtlicher Verbote nicht besonders ernst nimmt. Denn der NDR hat an gleich zwei unterschiedlichen Stellen im Internet Berichte verbreitet, in denen die untersagten Aussagen weiter veröffentlicht werden.“ Daher habe man vergangene Woche Mittwoch den Ordnungsmittelantrag gestellt.
Programmbeschwerde beim Rundfunkrat eingereicht
Dem NDR war es nach der monatelangen Auseinandersetzung auch verboten worden zu verbreiten, daß die angeblichen Pläne, die in Potsdam besprochen worden seien, „verfassungswidrig und einem Staatsstreich gleichstehend“ seien. Dies hatte er in der „Tagesschau“ behauptet. Brennecke zur JF: „NDR und Tagesschau scheren sich offensichtlich nicht darum, das Verbot eines deutschen Oberlandesgerichts zu befolgen und nehmen damit in Kauf, daß das durch den Gebührenzahler finanzierte Budget des NDR dann für die Bezahlung von gerichtlich verhängten Ordnungsgeldern verschleudert wird.“
In dem nun beim Landgericht Hamburg eingereichten elfseitigen Antrag, der der JF vorliegt, belegt Brennecke den Verstoß mit zwei Links, die auch diese Woche noch abrufbar waren. Dabei handelt es sich um Pressemitteilungen, die der öffentlich-rechtliche Sender sowohl auf seiner eigenen Internetseite als auch auf der Netzseite presseportal.de weiterhin verbreitet. Darin stehen laut dem Juristen identisch und sinngemäß die untersagten Falschbehauptungen.
Zur Begründung seines Antrags schreibt Brennecke dem Landgericht: „Offensichtlich hat die Antragsgegnerin gar kein Interesse daran, das gerichtliche Verbot zu befolgen. Ansonsten würde sie die Weiterverbreitung der Artikel mit identischen und kerngleichen Aussagen auf zwei weiteren Webseiten nicht aufrechterhalten.“ Der Sender verstoße somit „gegen das Äußerungsverbot“. Der Jurist äußert in dem Schriftsatz seine Verwunderung darüber, daß die Anstalt „unbeirrt identisch bzw. sinngemäß“ die „rechtsverletzende Handlung trotz Zustellung des Verbots und Androhung von Ordnungsmitteln“ fortsetzt. Eine konkrete Höhe des Ordnungsgeldes hat die Kanzlei Höcker nicht beantragt. Der Streitwert liegt bei 30.000 Euro.
Kurz zuvor hatte die Rechtsanwaltskanzlei Höcker im Namen des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau bereits Programmbeschwerde beim NDR-Rundfunkrat gegen den Bericht der ARD-„Tagesschau“ eingelegt. Das 173seitige Dokument, das der jungen freiheit ebenfalls vorliegt, zeigt, mit welch unseriösen Methoden das öffentlich-rechtliche Aushängeschild die Falschbehauptungen von Correctiv zum sogenannten „Potsdamer Treffen“ weiterverbreitete. Medienanwalt Brennecke sagte der JF dazu: „Bemerkenswert ist dabei, daß der NDR bereits Mitte März 2024 darüber informiert wurde, daß und warum er Falschbehauptungen verbreitet.“ Damals begann das juristische Verfahren gegen den Online-Bericht mit der Überschrift „Millionen Deutsche haben Angst vor Abschiebungen“.
Zu keinem Zeitpunkt, weder außergerichtlich noch gerichtlich, habe der NDR, so Brennecke, „auch nur ein einziges Mal argumentiert, daß die Berichterstattung wahrheitsgemäß war“. Vielmehr habe sich die Anstalt „nur mit dem formalen Argument verteidigt, Herr Dr. Vosgerau könne sich nicht gegen die Falschbehauptung wehren, da er namentlich nicht im Artikel benannt werde und daher nicht in seinen Rechten betroffen sei“.
In der Beschwerde an das 48köpfige Gremium, das vom Ex-Gewerkschaftsfunktionär Dietmar Knecht geführt wird, heißt es über den ab 8. Februar online stehenden Beitrag: „Der Bericht verstößt sowohl gegen den NDR-Staatsvertrag, den Medienstaatsvertrag, journalistische Sorgfaltspflichten, den Pressekodex und die NDR-Programmrichtlinien.“
Brennecke, der gegen die „Tagesschau“ mehrere Verbote diverser Falschbehauptungen erstritt, hat über die Monate Einblicke in die Arbeitsweise des Senders erlangt. Der JF sagte er über den Umgang mit den Entgegnungen Vosgeraus und anderer Teilnehmer: „Der NDR hat dies von Anfang nicht etwa zum Anlaß dafür genommen, nachzurecherchieren und die Falschbehauptung im Bericht zu löschen, sondern er hat eisern an der Weiterverbreitung der Falschbehauptung festgehalten.“
Die Nachrichtensendung hat bewußt Desinformation betrieben
Der renommierte Jurist ist fassungslos, wie die öffentlich-rechtliche Anstalt mit den eidesstattlichen Versicherungen der Anwesenden umgegangen ist, die seine Kanzlei vor dem Oberlandesgericht Hamburg vorlegte. Diese hätten „nachgewiesen“, daß der NDR wahrheitswidrig berichtete. Brennecke sagt, spätestens seit Ende März habe der NDR somit gewußt, daß vor Gericht glaubhaft gemacht worden sei, daß der Text nicht stimme: „Dennoch hat der NDR seine Berichterstattung nicht angepaßt, sondern weiter eisern an der Verbreitung der Desinformation mit Falschbehauptungen festgehalten.“ Das Verhalten des Senders verstoße „nicht nur gegen sämtliche journalistischen Sorgfaltspflichten, sondern auch gegen die durch den NDR einzuhaltenden Angebotsgrundsätze“, so der Jurist, der Mitglied der Grünen ist.
Wie geht es nach der Programmbeschwerde weiter? Brennecke meint, diese werde zeigen, „ob und wie die Selbstüberprüfung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks funktioniert“. Aufschlußreich werde sein, ob der NDR-Rundfunkrat das „zwingende Ergebnis“ feststelle, daß die „Tagesschau“ wahrheitswidrig gearbeitet hat.
Brennecke: „Unserer Auffassung nach ist dieser Fall von ganz besonderem Interesse, weil die Tagesschau als Flaggschiff der deutschen Nachrichtenbranche, das eine erhöhte Glaubwürdigkeit für sich in Anspruch nimmt, in diesem Fall nachweislich dadurch aufgefallen ist, daß sie über Monate wider besseres Wissen eine Desinformation durch Verbreitung einer vor Gericht widerlegten Falschberichterstattung verbreitet hat.“