© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/24 / 06. September 2024

Blick in die Medien
Bettgeflüster mit Werbewirkung
Gil Barkei

Seit Jahren versuchen die Europäische Union und einzelne Mitgliedsländer Porno-Netzseiten halbherzig an die kürzere Leine zu nehmen. Im Juli stufte die EU-Kommission das Online-Portal Xnxx gemäß des umstrittenen Digital Services Act als besonders große Plattform ein. Damit muß die Netzseite sexuelle Gewalt schneller löschen und Minderjährige besser schützen. Das Unternehmen hat nun noch zwei Monate Zeit, die Anforderungen aus Brüssel umzusetzen. 

Doch der große Durchbruch und das Anziehen harter Daumenschrauben hat auch schon bei Pornhub, XHamster und Co. nicht wirklich funktioniert. Noch immer sind die härtesten Hardcore-Filme so leicht anzusehen wie die Online-Auftritte von Spirituosenmarken: eine kurze Abfrage, ob der Nutzer volljährig sei – Ja oder Nein – fertig. Ein schlechter Witz in puncto Jugendschutz.

Es braucht gar keine einschlägigen Internetseiten, Google, X und neuerdings auch Podcasts genügen.

Doch es braucht auch gar keine einschlägigen Seiten, deren Betreiber meist auf süd­europäischen Inseln sitzen, damit Kinder Zugang zu Pornographie haben. Google reicht. Zwar blendet die „SafeSearch“-Funktion XXX-Inhalte aus, doch mit nur einem Klick kann man die Sicherheitsstufe ausschalten. Und der „Aus“-Knopf wird auch noch prominent ganz oben gut sichtbar angezeigt. Auch X vom vermeintlich konservativ angehauchten Elon Musk ist längst ein etablierters Werbe- und Weiterverlinkungsverteilerkreuz von Porno-Sternchen und Produktionsfirmen. Während auf Facebook und Instagram jeder Nippel weggelöscht wird, werden bei X weiterhin harte Bildchen und Clips angezeigt. 

Und längst etabliert sich ein neuer Kanal für die PR-Zurschaustellung. Der US-Videopodcast „Pillow Talk“, zu deutsch soviel wie „Bettgeflüster“ oder „Kissengespräche“ lädt freizügige Darsteller, Sexfluencer und Produzenten zum vermeintlich harmlosen Plausch bei Youtube, Spotify etc. ein – mehr Bekanntheit und folglich mehr Klicks für die eigenen Ab-18-Filmchen inklusive. Und so geht es um skurrile Stellungen, noch skurrilere Dreherfahrungen und Brancheneinstiegsverlockungen. 

Das Assi-TV mit Scripted Reality und Z-Promi-Zurschaustellung ist nach dem linearen Fernsehen und dem Mediatheken-Streaming in noch sexualisierterer Form im Podcast-Bereich angekommen.