© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/24 / 13. September 2024

Alles Krall und Rauch
Partei-Fusion auf Eis: Bündnis Deutschland und „Wir Bürger“ planen den Zusammenschluß. Doch zwischen beiden brodelt es nun öffentlich
Henning Hoffgaard

Wird da eine Verlobung gelöst? Die laufende Urabstimmung zur geplanten Fusion der konservativen Parteien „Wir Bürger“ und Bündnis Deutschland (BD) ist vorerst gestoppt worden. Hintergrund ist die Aufnahme des libertären Publizisten Markus Krall in das Bündnis Deutschland.

Der Bundesvorsitzende von „Wir Bürger“, Jürgen Joost, verteidigte den Abbruch. Seiner Aussage nach habe BD durch die Aufnahme Kralls die Grundlage der Fusion verändert. Krall stehe mit seinen Positionen zum Wahlrecht und zur Sozialen Marktwirtschaft nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. „Dem BD-Vorstand muß bei seiner Entscheidung bekannt gewesen sein, daß wesentliche Positionen von Dr. Krall in entscheidenden Punkten mit den Grundsätzen und Inhalten von ‘Wir Bürger’ inkompatibel sind.“

Er unterstrich, daß die Mitglieder von „Wir Bürger“ in Kenntnis der neuen Situation möglicherweise anders abgestimmt hätten. Der Vorstand sei rechtlich abgesichert und habe das Recht, die Abstimmung zu unterbrechen, um den Mitgliedern eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.

Der stellvertretende Vorsitzender von Bündnis Deutschland, Carsten Schanz, zeigte sich irritiert über den Vorgang und die Art der Bekanntmachung. „Eine solche Entscheidung zunächst über soziale Medien entnehmen zu müssen, ist mehr als irritierend“, kritisierte Schanz. Dennoch werde die Urabstimmung ordnungsgemäß weitergeführt, und die Entscheidung werde respektiert. Laut Schanz sei der Vorstand von „Wir Bürger“ nicht befugt, eine Urabstimmung zu stoppen, die von den höchsten Parteiorganen beschlossen wurde. Die Aufnahme von Krall verteidigte er und verwies darauf, daß BD viele gute Politiker in seinen Reihen vereine. „Markus Krall ist ein kluger Kopf, der sicherlich in manchen Dingen streitbar ist. Doch er hat das Herz am richtigen Fleck, gute Ideen und kann sich geeignet einbringen. Unsere Partei wird viele kluge Köpfe einen und sich weiterentwickeln“, kündigte der Politiker an.

„Wir Bürger“-Chef Joost wiederum warnte davor, daß die Fusion ohne klare inhaltliche Grundlagen zu einer „permanenten inneren Zerrissenheit“ führen könnte. Seine Partei sehe in der Personalie Krall ein Risiko für das gemeinsame Projekt und fordere eine klare Positionierung von BD in bezug auf die politischen Inhalte des Publizisten. Man sei aber „jederzeit weiter gesprächsbereit“.

Die Partei „Wir Bürger“ ging aus der AfD-Abspaltung „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ hervor. Später benannte sich die Partei in „Liberal-Konservative Reformer“ um. Den aktuellen Namen trägt die Vereinigung seit 2023. Dagegen handelt es sich bei der BD-Partei um eine 2022 neugegründete Formation. Bundesvorsitzender ist der Ex-Freie-Wähler-Politiker Steffen Große. Das BD ist nach einer Fusion mit der Bremer Partei „Bürger in Wut“ von Jan Timke derzeit in Fraktionsstärke in der Bremischen Bürgerschaft vertreten.

Bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen erhielt das BD 0,5 beziehungsweise 0,3 Prozent. „Wir Bürger“ trat dabei nicht an.