Finanzminister Peer Steinbrück wollte die Commerzbank-Anteile „so schnell wie möglich“ verkaufen, die der Bund während der Bankenrettung 2009 erhalten hatte. 15 Jahre und drei Finanzminister später kommt jetzt zumindest die Ankündigung: der Bund wird verkaufen. Mit 18,2 Milliarden Euro hatte der Bund die Commerzbank während der Finanzkrise gestützt und dafür einen Anteil von 15 Prozent bekommen. Inzwischen wurden 13 Milliarden zurückgezahlt. 5,2 Milliarden müßte der Bund beim Verkauf der verbliebenen Anteile erlösen, um ohne Verlust auszusteigen. Beim aktuellen Aktienkurs dürfte nur die Hälfte davon zusammenkommen.
Der Staatsanteil ist zwischenzeitlich auf 16,49 Prozent gestiegen, weil die Commerzbank zwei Aktienrückkaufprogramme 2023 und 2024 vollendete. Weil der Bund seine Aktien nicht andiente, stieg sein prozentualer Anteil, da sich die Gesamtzahl der Aktien verringerte. Christian Lindner wollte sich nicht auf die Zahl der zu verkaufenden Aktien festlegen, doch die Agentur Bloomberg fand eine Quelle in der Finanzagentur, die eine Größenordnung von drei bis fünf Prozent der Aktien in Aussicht stellte. Es könnte noch im September losgehen. Offenbar will der FDP-Minister den jüngsten Kursanstieg zum Ausstieg nutzen. Seit Mitte 2018 handelte die Aktie unter zehn Euro und erreichte im Mai mit 15,74 Euro ihren Höchststand seit 2011. Kürzlich notierte sie wieder schwächer. Nach Ankündigung des Verkaufs fiel sie auf unter 12,50 Euro, was aber teilweise auf das schwache Marktumfeld zurückzuführen ist. Klar ist: der Bund verkauft genug Anteile, um den Kurs zu drücken. Den wenigsten Kurseinfluß hätte ein Rückkauf der Aktien durch die Commerzbank selbst. Doch die hat gerade erst ihr Rückkaufprogramm beendet. Dessen Volumen von 4,5 Prozent des Aktienkapitals hätte für einen ersten Schritt des Bunds gereicht.
Rückkaufprogramme haben aber einen schlechten Ruf in den Medien, die seit Jahren oft sachlich falsche Negativschlagzeilen über Rückkäufe kolportieren. Die eigentlich vernünftigste Lösung ist also keine Option. Bleibt nur der Verkauf an der Börse. Dabei kann der Bund durch Algorithmen seinen Anteil in Kleinstmengen zerlegen und langsam verkaufen. Das hat den Vorteil, daß nie auf einmal ein großes Verkaufsvolumen den Markt verschreckt. Doch die Gesamtmenge des angebotenen Volumens drückt unweigerlich den Kurs. Die andere Möglichkeit sind Verkäufe von Aktienblöcken an institutionelle Anleger. Hier wird der Markt zwar nicht verschreckt, aber das Volumen schwächt die Aktie. Beide Optionen sind suboptimal.
Seit 2021 hätte es mehrere Ausstiegsgelegenheiten gegeben, so Anfang 2018 bei 13,70 oder 2014/15 bei zeitweise über 14 Euro. Das Warten war teuer, denn nur vier Dividenden gab es seit der Finanzkrise, zusammen nur 95 Cent pro Aktie. Vermutlich spekulierten die Finanzminister auf steigende Kurse. Jetzt zog Lindner die Reißleine. Für den Steuerzahler endet die Episode mit einem Schrecken: Der Verlust dürfte um die 2,5 Milliarden Euro liegen. Der Commerzbank haben die Hilfen nicht viel geholfen: sie überlebte, aber als eine Bank, die niemand braucht. Übernahmehoffnungen dürften enttäuscht werden, denn die Bewertung der Commerzbank liegt mit der Hälfte des Buchwerts aus gutem Grund weit unter dem Durchschnitt europäischer Banken, die Eigenkapitalrendite liegt auf Rezessionsniveau, und bei Zinssenkungen wird sich auch die gerade erst verbesserte Zinsmarge in Luft auflösen.