© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/24 / 13. September 2024

Kommunikative Erkenntnisverweigerung in Medien und Wissenschaft
Verliebt in alternative Fakten

Obwohl die „Recherche“, die das Essener Medienhaus „Correctiv“ Anfang dieses Jahres über eine angebliche Potsdamer Geheimkonferenz veröffentlichte, auf der die Ausbürgerung und Deportation deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund geplant worden sein soll, inzwischen als Lügenmärchen enttarnt ist, wird sie von der „Qualitätspresse“ und von den GEZ-Sendern weiter kolportiert. Zuletzt mußte dem für die „Tagesschau“ verantwortlichen NDR vom Hamburger Oberlandesgericht untersagt werden, Falschbehauptungen von „Correctiv“ weiter zu verbreiten. Ebenso ungern gestehen sich die überwiegend links-grün orientierten Sozialwissenschaftler ein, auf die größte Desinformationskampagne hereingefallen zu sein, die die bundesdeutsche Mediengeschichte kennt. So geht auch der Soziologe Nils C. Kumkar (Uni Bremen), Autor eines Suhrkamp-Büchleins über „Alternative Fakten: Zur Praxis der kommunikativen Erkenntnisverweigerung“ (2022), „forschend“ über „politischen Protest und Kritik“, unbelehrbar Erkenntnis verweigernd davon aus, daß „Correctiv“ über die in Potsdam angeblich verhandelten „ethnonationalistischen Politikziele“ der AfD aufgeklärt und eine „Massenmobilisierung der Zivilgesellschaft“ dagegen inspiriert habe. Zwar sei diese von Kirchen, Parteien und Gewerkschaften getragene Protestbewegung schnell verebbt, aber sie habe bewiesen, daß die gegen den Ethnopluralismus der AfD errichtete „Brandmauer“ von der Bevölkerungsmehrheit verteidigt werde. Daraus leitet Kumkar die Zuversicht ab, mit der Gründung einer „demokratischen Alternative die AfD aus dem Spiel drängen“ zu können (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 9/2024). (dg)   www.frankfurter-hefte.de