© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/24 / 13. September 2024

Filmkritik / Der Gefangene von Alcatraz
Vom Verbrecher zum Vogelkundler
Werner Olles

Das Leben schreibt oft die dramatischsten und tragischsten Geschichten. 1955 erschien nach einer wahren Begebenheit der Roman „Birdman of Alcatraz: The Story of Robert Stroud“ von Thomas E. Gaddis. Sieben Jahre später verfilmte John Frankenheimer den Roman unter dem Titel „Birdman of Alcatraz“ (dt. „Der Gefangene von Alcatraz“) mit Burt Lancaster in der Rolle des Gewaltverbrechers Robert Stroud, der während seiner fünfzigjährigen Haftzeit in zwei Gefängnissen zum anerkannten Vogelkundler wird.

Zum Inhalt: Der Totschläger Stroud kommt in das Gefängnis von Leaven-

worth, dort bringt er einen ihn schikanierenden Wärter um. Eigentlich erwartet ihn jetzt die Todesstrafe, doch seine Mutter (Thelma Ritter) setzt sich bei Edith Wilson (Adrienne Marden), der Ehefrau des Präsidenten Woodrow Wilson, für ihren Sohn ein, und die Todesstrafe wird in lebenslängliche Haft umgewandelt. Beim Hofgang entdeckt Stroud einen jungen Sperling, den er aufpäppelt und dressiert; dadurch findet er wieder Sinn im Leben. Er entdeckt ein Mittel gegen Fieber, an dem Vögel häufig erkranken und sterben, wie auch sein Sperling. Er macht die Bekanntschaft der Witwe Stella Johnson (Betty Field), einer Vogelzüchterin. Sie kommen sich näher, heiraten schließlich im Gefängnis. Doch seine Mutter stellt sich gegen ihre Verbindung, und der Bruch mit ihr führt bei ihm zu schweren Depressionen.

Nachdem Strouds Gnadengesuche regelmäßig abgelehnt werden, muß der Gefängnisleiter nach einer neuen Verordnung ihm auch das Halten der Vögel verbieten. Nach öffentlichen Protesten wird ihm die Vogelhaltung wieder erlaubt. Doch muß er nach seiner Verlegung nach Alcatraz diese endgültig aufgeben. Trotz seiner Verbitterung schreibt Stroud mehrere Bücher, in denen er auch die Geschichte des Strafvollzugs in den USA und die harten Bedingungen anprangert. Nach den langen Haftjahren hat sich sein Wesen sehr verändert, aus dem Gewaltverbrecher ist ein nachdenklicher und lebensbejahender Mensch geworden. Schließlich verlegt man ihn in ein anderes Gefängnis mit erleichterten Haftbedingungen.

1963 gab es für John Frankenheimers „Der Gefangene von Alcatraz“ fünf Oscar-Nominierungen: für Burt Lancaster als Hauptdarsteller, Thelma Ritter und Telly Savalas als Nebendarsteller, für die beste Kameraführung für Burnett Guffey und schließlich für Frankenheimer als bester Regisseur.

DVD: Der Gefangene von Alcatraz, Pidax Historien-Klassiker 2024, Laufzeit etwa 143 Minuten