Kennen Sie auch Menschen, die sich immer etwas Neues ausdenken, um sich von den anderen abzuheben? Besonders problematisch wird das für Typen, die sich als Trendsetter fühlen und das, was sie für ein Alleinstellungsmerkmal halten, plötzlich zum Mainstream wird. Wäre der FC St. Pauli kein Fußballverein, dann würde er genau in diese etwas aufdringliche, unangenehm-missionarische Gattung passen. Seit Hafenstraßen-Zeiten wird der Klub von solchen Charakteren geführt und unterstützt.
Und da nun plötzlich auch fast alle anderen Regenbogenfahnen hissen, den Kampf gegen Rechts mit Verve und ständigen Belehrungen in die Stadien tragen, mußten sich die Verantwortlichen etwas anderes einfallen lassen. Längst vorbei die Zeiten, als die Hamburger in der Zweiten Liga gegen den Abstieg kämpften und der damalige Manager Andreas Rettig sagte, St. Pauli müsse allein wegen der politischen Botschaften die Klasse halten. Rettig ist inzwischen DFB-Sportgeschäftsführer, und Antifa-Solidarität zeigen auch die anderen.
Viel blieb nicht mehr übrig, um die Gesinnung exklusiv herauszustellen. Also entschieden sich die Bosse für eine neue Schrift auf der Webseite: eine „linkskursive“ mußte es sein – eine „mit Haltung“, wie man betont. Sie „spiegelt die einzigartige Identität und politische Ausrichtung des Clubs wider“, heißt es zur Begründung. Klingt wie ein Aprilscherz, ist aber linke Realität. Wer weiß, wie lange es dauert, bis mir Word neben der üblichen, nach rechts neigenden Kursiv-Schrift eine linkskursive anbietet. Vielleicht will auch der eine oder andere Journalist über die Typologie Haltung zeigen. Dann muß auf St. Pauli schleunigst etwas Neues her.