© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/24 / 20. September 2024

Mögliche Übernahme der Commerzbank durch die italienische Unicredit
Verpatzte Reprivatisierung
Thorsten Polleit

Die Übernahme der Commerzbank (CoBa) durch die Mailänder Unicredit scheint ins Haus zu stehen. Und das Bundesfinanzministerium spielt dabei eine zentrale Rolle. Es hat der italienischen Bank 4,5 Prozent des CoBa-Aktienanteils, den es im Zuge der Finanzkrise 2009 erworben hat, direkt verkauft. Die Unicredit hat gleichzeitig weitere 4,5 Prozent an der Börse erworben – mit dem Ziel, das Frankfurter Geldhaus zu übernehmen. Man könne, so Unicredit-Chef Andrea Orcel, Synergien nutzen und ein schlagkräftiges Bankinstitut erschaffen, das der angestrebten EU-Bankenunion Leben einhaucht.

Nun hagelt es Kritik. Das FDP-Finanzministerium von Christian Lindner habe die Aktien zum Schaden der Steuerzahler zu billig verkauft und die Unicredit-Ambitionen ignoriert. Schwerwiegender jedoch ist wohl, daß die Bürokraten im Finanzministerium sich befugt fühlen, eine aktive Rolle bei der Gestaltung der CoBa-Zukunft – immerhin Deutschlands viertgrößte Bank – einzunehmen. Doch es ginge auch anders: Es besteht schließlich die Möglichkeit, die Aktienanteile nach und nach an der Börse zu verkaufen, und damit sie nicht gleich und offen in die Hände strategischer Rivalen zu legen. Zumal der Verkauf einer heimischen Bank an einen ausländischen Konkurrenten Risiken birgt – EU-Bankunion hin oder her. Man denke nur einmal an eine erneute Krisensituation in der Bankenlandschaft. Erfahrungsgemäß orientieren sich die Geldhäuser dann schwerpunktmäßig auf ihren Heimatmarkt.

Das würde – wenn die neue Großbank aus Italien heraus gesteuert wird – absehbar hiesige kleine und mittlere Unternehmen und damit die deutsche Wirtschaft hart treffen, denn die CoBa hat sich als „Mittelstandsbank“ auf diese Kundengruppe konzentriert. Sie hat hier eine wesentliche Marktstellung erlangt. Bislang ist es zweifelsohne eine verpatzte Reprivatisierung der CoBa-Aktien. Daher stellt sich die bange Frage: Was wird das Finanzministerium mit den verbliebenen 12,5 Prozent an der Commerzbank machen? Als Hoffnung bleibt, daß sich die Ministeriumsentscheider aufmachen, das verbliebene Aktienpaket im Zuge eines vernünftigen Bietungsverfahrens zum höchstmöglichen Kurs zu verkaufen. Damit der Schaden für die Nettosteuerzahler wenigstens so gering wie möglich ausfällt.